Das Ciccio ist ein Neuzugang in Graz

Ciccio: die jüngste Bar in Graz mit dem ältesten Testimonal der Stadt



Z
wei bekannte österreichische Bartender werden sesshaft: Marcel Katzer und Daniel Hubmann wissen vor allem, was sie nicht wollten in ihrer Ciccio in Graz – nämlich komplizierte Drinks und steifes Ambiente. Das ginge sich in der ehemaligen Bowls-Location aber auch nicht aus.

„Nein, es wird keine „Campari-Bar“, stellt Danny Hubmann gleich einmal klar. Für viele Barfliegen Österreich ist der in Vorarlberg aufgewachsene Sunnyboy schließlich das Gesicht des sommerlichen Aperitivos. Crodino, Aperol und Campari hat Hubmann hektoliterweise in italienische Urlaubsträume verwandelt.

Die Software dazu gibt es auch im Ciccio, sie ist aber nur ein Teil des Angebots. Doch dazu später. Denn vor allem lässt sich die neue Bar nicht ohne das „Frankowitsch“ verstehen. Geographisch ist dieses Grazer Lokal Nachbar, rechtlich Vermieter und inhaltlich ein Lieferant des künftigen Bar-Foods.

Die Karte kommt mit sechs Signature Cocktails aus. „Alle Klassiker machen wir natürlich.“
Die Karte kommt mit sechs Signature Cocktails aus. „Alle Klassiker machen wir natürlich.“
Im Ciccio heißt es: Graz bleibt gesellig
Im Ciccio heißt es: Graz bleibt gesellig

Bewusste Serendipity am Rückbuffet

Die Kombination aus Delikatessenhandlung, gesellschaftlicher Bühne und Imbiss hat echten Kultstatus in der Mur-Stadt. Bei einem Brötchen-Teller die steirische Welt gerade zu rücken oder wenigstens ein paar Passanten „auszurichten“, gehört zu den urbanen Vergnügungen der Grazer. „Die Brötchen hat schon der Opa immer geholt“, bestätigt Hubmann, dessen Großvater mit seinen 99 Lenzen das aktuell wohl coolste Bar-Testimonial Österreichs darstellt. Es ist auch dieses biographische Detail, das erklärt, warum er und Marcel Katzer (ehemals Kleinod, Wien) hier ihre erste Bar starten.

Zwei Monate Umbauarbeit liegen hinter dem Duo, das den Poké-Bowls-Spezialisten „Humuhumu“ in eine Bar mit klaren Linien und überraschenden Details verwandelt hat. So ist die Tresenhöhe für stehende Gäste, wie auch für Sitzende ideal, zudem sieht man dem Bartender direkt auf die Finger – dank der breiten Anlage des Marmortischs kann direkt vorm Gast gearbeitet werden. Breite Laufwege zu den Sitznischen bzw. in den Gartenbereich machen das Arbeiten angenehm, der beschränkte Stauraum prägt aber die Art, wie Danny und Marcel ihre Karte angelegt haben. „Wir haben nicht den Platz für ein überbordendes Rückbuffet“, so Katzer, der aus dieser Not eine Tugend für die Ciccio-Klientel macht: „Sehen wir eine geile Flasche, dann bieten wir die an, bis sie wieder leer ist.“

Ciccio

Stempfergasse 3
8010 Graz

Burgunder zum serbischen Brötchen

Auch das gehört zum lockeren Konzept, dem man sich verschrieben hat. „Verspielt und maximal un-steif“ soll die Atmosphäre sein, in der man ab 16 Uhr seinen Drink genießt. Dazu gehört auch eine „möglichst intensive Kommunikation mit dem Gast“. Was gerade an Wein vorrätig ist, wird etwa mündlich vorgetragen. Die Flaschen sollen wechseln, wobei ein Schwerpunkt der Import-Leidenschaft von „Frankowitsch“-Hälfte Stefan Heissenberger folgt: Der Spezialist für Burgunder bringt regelmäßig Geheimtipps aus dieser Region zu den Ciccio-Jungs.

Hier ist der „Digga“ ein Italiener

Die enge Zusammenarbeit prägt auch die verzahnten Öffnungszeiten. „Seit eh und je schließt das Frankowitsch um 19 Uhr, was vor allem im Sommer zu einem frühen Aufbruch führt.“ Genau diese Klientel kann nun nebenan weitertrinken – oder eben auch essen. Denn die Brötchen werden auch im Ciccio gereicht, darunter der pikante Aufstrich, dessen Radiowerbung („Chef, Serbische is‘ sehr scharf“) Marcel und Danny nicht oft genug hören können. Mit einem klaren Fokus auf spritzige Getränke – vom Reininghaus-Jahrgangspils über den gezapften Prosecco vom Fass bis zum Negroni Sbagliato – pflegt man dazu mixologische Leichtigkeit.

Letzterer wird auch in der auf Flaschen gefüllten Version des Duos („fehler&liebe“ – siehe MIXOLOGY-Ausgabe 4/23) gereicht.

Auch der Name der Bar spiegelt diese Idee eines italienischen Möglichkeitsraums wider: „Ciccio“ heißt eigentlich „Dickerchen“, steht aber auch als Synonym für Herzensfreunde. Wie so ein Ciccio aussieht, hat sich konkret Balasz Vernes überlegt – der Graphik-Daniel Düsentrieb hinter einigen Bar-Artworks der Alpenrepublik. Hier hat er Anleihen an „La Linea“, dem quengelnden 1980er-Knollennasen-Männchen, genommen, aber auch den Inspektor von Paulchen Panther gechannelt. Vor allem in der Gestaltung der Toiletten fungiert das Maskottchen der neuen Bar als geradezu zwanghaft zum Lächeln reizendes Dekor. Und es nimmt das sympathische Orange auf, das sich zum durchgehenden Element entwickelt hat.

Der Marmor-Tresen mit seinen orangefarbenen Adern gab dafür den Ausschlag. Dass es am Ende nicht der ursprünglich geplante dunkelblaue Stein wurde, ist heute beiden Neo-Gastronomen recht. Denn die „Knotz-Ecke“, auf der man sich zu später Stunde langlegen kann, wirkt in Orange eindeutig einladender. Und sie passt auch zum souligen Ciccio-Soundtrack, der im Laufe des Abends von „Faithfull Man“ (Lee Fields) zum „Sinnerman“ (Nina Simone) übergehen kann.

Almdudler-Highballs für alle!

Parallel zieht sich die Pop-Buntheit auch durch die Bar-Karte, die schlicht „Signs of Good Times Ahead“ ankündigt. Sie kommt mit lediglich sechs Signature Cocktails aus. „Alle anderen Klassiker machen wir natürlich, aber da soll uns am liebsten der Gast sagen, was er gerne mag.“ Dafür konnte endlich ein Liebling Marcel Katzers auf die Karte gesetzt werden: „Den Picon Biére wollt ich immer schon machen“, steht dieser Erfrischer nun um wohlfeile 8,50 Euro neben dem „Heidi Ho“ – einer erstaunlichen Mischung aus Braulio und der Austro-Kräuterlimo Almdudler. Platzbedingt – „wir haben zwei Kochplatten und einen Dehydrator, das war’s“ – steht auch nicht die hohe Mixologie an. Wenig Dekoration auf den Signatures, darunter ein mit Erdnussbutter-Fat Wash servierter Julep-Twist, sollen reichen.

Denn wie gesagt: Für alles andere heißt es kommunikativ sein mit seinen Ciccios.

 


 

Angelo Martinelli ist ein weitgereister Bartender. Aber ihm war klar, dass er eines Tages eine Bar in seiner Heimat Heidelberg eröffnen möchte. Das hat er nun getan – und sie der Einfachheit halber nach sich selbst benannt.

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