The Cuban Throw: Fünf Fakten über das Werfen von Cocktails

Das Werfen von Cocktails – auch Cuban Throw genannt – ist im Moment allgegenwärtig. Liegt das an Instagram? Oder weil es so viel bringt? Wir präsentieren fünf Fakten zum Cocktail Werfen, der vielleicht aktuell kontroversesten Technik der Bar.

In den letzten Jahren ist es zu fast so etwas wie einem Signature Move in einigen Bars weltweit geworden: das Werfen von Cocktails. Abgesehen von Bars wie dem Boadas in Barcelona, wo diese Technik zur Identität gehört, allerdings weniger im regulären Tages- bzw. Abendbetrieb, sondern hauptsächlich als Showeffekt, der gezielt für das Publikum eingesetzt wird. Woher aber kommt das Werfen, und was bringt es eigentlich? Wir haben fünf Fakten zum Thema Cocktails werfen.

1) Entstehung und Synonyme

Die Entstehung der Technik lässt sich relativ schnell zusammenfassen: Das Shaken von Cocktails wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts populär. Davor wurden Cocktails im Glas gebaut, gerührt oder von Becher zu Becher geschüttet – so entstand wohl der Begriff des Rollens. Obwohl das Rollen und der Cuban Throw heute als synonym verwendet werden, handelt es sich bei genauerer Betrachtung nicht um die exakt gleiche Technik.Vom Rollen wird gesprochen, wenn ein Cocktail in kleinem Radius von Becher zu Becher hin und her geschüttet wird. Es ist eine Technik, die ausschließlich zum Mixen der Zutaten gedacht war, und nach der Erfindung des Shakers aus dem Repertoire vieler Bartender verschwand.

So aber nicht auf Kuba, wo die Technik wohl mit asturischen Einwanderern ins Land gekommen war, sich bei den Cantineros weiterhin großer Beliebtheit erfreute und sich vom Rollen „abspaltete“ – daher der Name Cuban Throw. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass in Indien, der Türkei und auch im Westen Afrikas wie beispielsweise im Senegal und vielen weiteren Regionen der Welt das Tee-werfen – wenn auch nicht unbedingt unter diesem Namen – bereits lange Tradition hat. Das prominenteste Beispiel dürfte die marokkanische Tee-Zeremonie sein, bei der nach der Erhaltung der „Seele des Tees“ durch Zugabe von Minze und Zucker der Tee entweder von weit oben eingeschenkt oder von Becher zu Becher geschüttet wird, um ihm eine Schaumkrone zu verleihen.

2) Die Technik

Das Handwerk hinter dem Werfen ist eigentlich simpel. Eigentlich. Man nehme einen zweiteiligen Shaker jeglicher Art, fülle Eis in eine der Tins, die Zutaten in das Gegenstück, setze einen Strainer auf und schütte die Zutaten von der einen Tin in die andere. Und das so, dass der Cocktail einen möglichst langen Weg zurücklegen muss, damit er durch den „langen Wurf“ möglichst viel Sauerstoff bekommt (das Eis selbst soll dabei nicht geworfen werden). Man wiederhole diesen Prozess mehrere Male (am besten mit Wasser und Zuckersirup üben und nicht gleich mit teuren Spirituosen). Der Vorteil besteht hier in einem aromatischeren Drink durch eben jene erhöhte Sauerstoffzufuhr. Auch texturell ist das Ganze spannend, kann es doch durch die Schaumkrone zu einer kleinen Überraschung kommen, die man bei einem Cocktail, der doch eher in die Kategorie Rühren fallen würde, vielleicht nicht erwartet hätte. So weit so gut. Nur werden hier auch einige Problemchen klar.

3) Die Problemchen

Wie oft soll man überhaupt werfen? In den meisten Rezepten liest man von vier bis fünf Mal, jedoch fällt jedem, der es bereits selbst mehrfach ausprobiert hat, vielleicht auf, dass dies nicht immer zutreffen mag. Ist doch die Temperatur ebenfalls entscheidend und wenig konsistent bei dieser Technik. Der Eindruck, eine Entscheidung zwischen Temperatur und Verwässerung treffen zu müssen, drängt sich bei nicht perfekten Bedingungen geradezu auf. Und wie Abschmecken? Auch wenn die Vorstellung eines Bartenders, der die Zunge in den fliegenden Drink hält, amüsant wie unhygienisch ist (und möglicherweise das Rühren von Negronis mit dem Finger noch toppt), stellt sich doch die Frage, wie das Abschmecken des Drinks eigentlich vonstatten geht. Sollte das Eis nicht frisch sein, könnten wenige Sekunden zum Abschmecken bereits zu lange dauern? Und sollte der Drink noch unterwässert sein, wie oft wirft man nach? Werfen ist im Handling eben  komplizierter als Rühren. Ein weiteres Folgeproblem, das aus diesen Grundbedingungen hervorgeht, ist die Reproduzierbarkeit. Wenn alle Angestellten einer Bar gleichermaßen gut werfen können, ist das schön. Aber sollte jemand neu eingelernt werden und in der ersten Schicht mit dem Werfen eines Drinks konfrontiert sein, ist die Technik wenig konsistent. Zudem stellt sich die Frage, ob selbst, wenn alle Bartender:innen den gleichen Drink technisch gleichermaßen gut werfen, das geworfene Gut trotzdem mit gleicher Qualität, Verwässerung, und Temperatur ins Glas kommt.

4) Die Sache mit der Show

Wer die letzten 20 Jahre Barkultur aufmerksam verfolgt hat, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits auf Videos gestoßen, in denen kaum ausladender geworfen werden könnte. Titel wie: „Insane Throwing by (Bartender xy)“' oder „Perfect Throwing Technique'“ betiteln häufig eher qualitativ schlechte Filmaufnahmen von Bartendern beim Werfen eines Cocktails. Und auch auf Instagram sieht man immer wieder Bartender:innen beim Werfen, und das längst nicht so selten wie man einen geworfenen Drink serviert bekommt. Also doch alles nur Show? Nun, über die grundsätzliche Sinnhaftigkeit des Werfens lässt sich streiten. Kann doch fast jeder geworfene Cocktail auch gerührt oder geschüttelt werden. Für viele Bartender mag das Werfen wohl auch das Tor zum (doch weitestgehend verpönten) Flair Bartending sein. Vielleicht ist dies ebenfalls einer der Gründe, warum selbst aufmerksame Barbesucher:innen diese Technik selten zu Gesicht bekommen. Am häufigsten eben auf Social Media.

5) Also, was wirft man eigentlich?

Und wir kommen zum „letzten Problem“. Und damit, wie die Hauptfigur von Arthur Conan Doyle, nämlich Sherlock Holmes, zum Sherry. Enthalten viele Drinks die man „nach Lehrbuch“ werfen kann, doch diese Zutat. Als Paradebeispiel kommen einem hier die miteinander verwandten Cocktails Bamboo und Adonis in den Sinn. Aber auch diese kann man rühren. Und da dies wohl die deutlich kontrolliertere Technik ist, entbehrt das Werfen auch hier ein wenig der Sinnhaftigkeit. Doch grundsätzlich enthalten viele geworfene Drinks fortifizierte Weine. Spannender wird es bei Textur-stärkeren Cocktails. Bloody Marry und Red Snapper sind wohl die prominentesten Beispiele dafür. Diesen beiden mit Tomatensaft gemixten Drinks tut der zusätzliche Sauerstoff sehr gut, und auch ihre Textur wird luftiger, cremiger und weniger schwer. Doch auch hier ist es nicht zwingend nötig zu werfen. Lediglich der Blue Blazer und seine Variationen müssen geworfen werden. Nun ja, nicht ganz – Rollen reicht völlig aus. Jedoch ist die Technik genaugenommen eine andere. Vielleicht bekommt sie den Titel des „Heiß Werfens'“. So wird beim Blue Blazer, dem ikonischen Drink, dem Jerry Thomas im 19. Jahrhundert seinen Mythos verdankte, der Drink angezündet, und dann in Metallbechern mit Henkeln hin und her geworfen oder gerollt, damit möglichst viel Oberfläche des Cocktails brennen kann. Der Zucker karamellisiert und verleiht dem Drink eine ungewöhnliche Süße (beim Üben vorsichtig sein, um Verbrennungen zu vermeiden).

Fazit: Nische, macht Spaß

Dass das Werfen nun aber einen prominenteren Platz unter den Bartechniken erhalten und demnächst überall auf der Welt zu finden sein wird, ist unwahrscheinlich. Trotz eines gewissen Hypes des Augenblicks, bleibt diese Technik wohl ein Produkt der Nische. Ihre Liebhaber:innen erfreuen sich an ihr, und sicher sorgt sie ab und zu für ein größeres Trinkgeld. Ihre Daseinsberechtigung hat sie bereits. Einfach, weil es Spaß macht.


Fotocredit
fesenko – stock.adobe.com

 


 

Pre-Batching meint das Vormischen mehrerer flüssiger Ingredienzien und ist heute mehr als bloße Effizienz – sondern ein globaler Trend, der das Handwerk neu interpretiert. Was es dazu braucht – plus drei Beispiele aus drei verschiedenen Bars.

Kommentieren

Ich habe die AGB und Datenschutzerklärung gelesen und bestätige diese.

Kommentare (1)

sebastian
/
Uhr

hallo,

kleine anmerkung: 

ist euch im text ein fehler unterlaufen? eis in die eine tin, zutaten in die andere?

wir shaken den drink (der geworfen werden soll) vor, dann wird das eis abgeseiht

und dann beginnt der eigentliche throwing-prozess.

oder?

 

grüße