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Die „Industrie“. Also wir alle.

Der Begriff der „Industrie“ geistert immer mehr durch die Barszene. Eine angeblich böse Instanz, die die Seelen unserer Tresenkünstler frisst. Doch wir halten es genauso wie mit allen anderen Verschwörungstheorien: Ruhig bleiben, die Fakten sortieren, tief durchatmen – und erkennen, dass es das „Böse“ ebenso wenig gibt wie eine einseitig agierende „Industrie“.

Ich bin wahrhaft keines der alten Urgesteine der Barbranche. Mein Interesse – also mein ernsthaftes Interesse – an der Bar begann vor ziemlich genau neun Jahren. Das kann ich so gut festmachen, weil ich kurz zuvor das erste Mal American Bar von Charles Schumann gelesen hatte und dann in einem Gespräch mit einem Bekannten auf den Bitters Blog von Joerg Meyer und Stephan Berg aufmerksam gemacht wurde. Und siehe da: Ich öffnete die Seite, um zu lesen, dass Joerg sich gerade aus dem Blog verabschiedet hatte. Das war am 1. November 2008. Daher also die neun Jahre.

Warum ich das schreibe? Weil ich versucht habe, in Bezug auf einen bestimmten Begriff Rückschau zu halten. Einen Begriff, den es damals in der deutschsprachigen Barszene gemäß meiner Recherchen so noch nicht gab und der heute omnipräsent ist. Obwohl ihn niemand jemals wirklich definiert hat. Daher benutzen ihn die Leute in zahllosen Bedeutungen und nicht selten negativ. Es handelt sich um den Begriff „Industrie“.

Wir gegen die –  das böse Märchen der Spirituosen-„Industrie“

„Die Industrie macht unsere Szene kaputt“. Diesen oder inhaltlich vergleichbare Sätze hört man in der Barbranche häufig. Gemeint ist damit normalerweise salopp die Riege der großen Spirituosenkonzerne, die einen erheblichen Teil an Brennereien und damit der verfügbaren Spirituosen kontrollieren: Diageo, Pernod Ricard, Brown-Forman, Beam Suntory, Campari, Bacardi – mit diesen „Großen Sechs“ ist schon ein ziemlich saftiger Teil all jener Produkte zusammengefasst, die landauf, landab die Rückbüffets zieren. Nicht nur die Standardqualitäten für dem Supermarkt, sondern auch Hochpreisiges für das Premiumregal. Woodford Reserve von Brown-Forman. Banks Rum von Bacardi. Ron Zacapa und Don Julio sowie die unzähligen Single Malts von Diageo. Perrier-Jouët und Monkey 47 von Pernod. Knob Creek, Booker’s und Sipsmith von Beam. Grand Marnier und Espolon von Campari. Mit diesen und zahllosen weiteren Spirituosen jener Konzerne lässt sich gut und gerne mehr als eine Basisbestückung einer heutzutage als halbwegs gut geltenden Bar bewerkstelligen. Das schafft Macht. Und damit Abhängigkeiten.

Doch liegt allein in dieser Konstellation eine Gefährdung begründet? Sechs tonangebende Firmen sind bei genauerem Hinsehen aus heutiger Sicht noch eine verhältnismäßig große Auswahl. Wer in Schleswig-Holstein eine Lokalzeitung kaufen will, hat im Prinzip die Wahl zwischen den Produkten zweier Verlage. Die Lebensmittelregale im Supermarkt (aus denen sich noch immer das erschlagende Gros der Menschen versorgt) werden ebenfalls mehrheitlich von weniger Konzernen befüllt. Global relevante Betriebssysteme für private Computer gibt es zwei (lange Zeit war es eins). Gleiches gilt für Smartphones. Der größte Brauereikonzern der Welt, Anheuser-Busch, wird nach dem Abschluss der Übernahme seines einzigen halbwegs ernsthaften Verfolgers, SAB Miller, statistisch gesehen wohl etwa jedes dritte auf der Welt getrunkene Bier brauen. Und wenn eine Fluggesellschaft neue Großraumflugzeuge anschaffen möchte, hat sie wirklich nur die Wahl zwischen exakt zwei Herstellern, nämlich aus dem Duopol namens Boeing und Airbus. Sonst baut die niemand. Insofern scheint die Summe von sechs großen Konzernen gar nicht mehr so schrecklich. Immerhin sechs Häuser, die bei vielen Kategorien mehr oder minder global miteinander im Wettbewerb stehen. Zumal ihnen eine ganze Reihe nicht ganz so gewaltiger Schwergewichte wie z.B. Rémy-Cointreau, DeKuyper, Moët-Hennessy und andere durchaus weitere Konkurrenz bescheren, dazu kommen national oder kontinental tätige Großvertriebe, wie etwa in Deutschland Borco oder Diversa/TeamSpirit, das Joint-Venture aus Rémy und dem deutschen Riesen Underberg.

Letztlich drängt sich allerdings die Frage auf: Kann das allein gemeint sein mit der Kampfvokabel „Industrie“? Ist, was groß ist, automatisch böse? Oder ist, was böse ist, immer groß?

Die Kraft der Sprache

Vielleicht liegt das Misstrauen gegenüber den großen Herstellern auch weniger in den Produkten begründet (die noch immer oft genug in Blindverkostungen jene aus „handwerklicher“ Fertigung schlagen), sondern eher in dem sprachlichen Konstrukt, das viele Bartender mittlerweile zugrundelegen: Der Begriff Industrie, er wird nicht einfach nur verwendet, er wird schon vorab assoziativ aufgeladen mit Negativem. Denn von „Industrie“ ist es nicht mehr weit zum „Industriellen“. Dabei meinen beide Begriffe zunächst einmal vollkommen unterschiedliche Dinge. Es scheint, dass vor allem an industrielle Produktion gedacht wird, wenn von der „Industrie“ die Rede ist – an unromantische Stahlsilos, an mittelmäßige, weil nur noch nach Verfügbarkeiten eingekaufte Rohstoffe, an computergesteuerte Brennblasen, an vollautomatisierte Abfüllstraßen. Dabei will Bartender oder Bartenderin aber doch beim Einsatz der Flasche an Gegenteiliges denken – an lederbeschürzte Brenner, die milde lächelnd das Getreide von Hand in den Gärbottich schaufeln. An den angegangenen Kupferglanz der alten Brennblase. Den Duft von geflämmtem Holz. An von Hand geschälte Zitronen für den Gin.

Aber so einfach ist das nicht. Es ist eine falsche Romantik.

Denn eine „Industrie“ im eigentlichen Sinne des Begriffs ist immer ein komplexes Geflecht aus vielen Akteuren, Stationen, Zusammenhängen. Eine Industrie ist nicht nur das, was in großem Maßstab und vermeintlich ohne Seele vor sich hin fertigt. Am besten zeigt dies der englische Begriff der Industry. Denn der meint – und so wird er von seinen Benutzern auch verstanden – etwas anderes, nämlich eine „Branche“. Also einen Wirtschaftszweig, in dem viele Stufen, Personen und Produktketten miteinander in Interaktion stehen. Da ist es wenig verwunderlich und eigentlich auch passend, dass das englische Wort in der internationalen Barszene bereits seit deutlich längerer Zeit verwendet wird als hierzulande. Wenn dort jemand von der Industry spricht, meint er nämlich die Bar- und Spirituosenbranche, und zwar vom Brenner bis zum Gast.

Vom Wandel der Zeiten und eines Begriffs: Die zwei Probleme der „Industrie“

Nun sind die Sub-Szenen der einzelnen Länder in den letzten Jahren sehr viel enger zusammengerückt, durch Wettbewerbe, Workshops, Messeveranstaltungen und neue Medien im Allgemeinen. Es scheint daher, dass der ursprüngliche englische Industry-Begriff gewandert ist und von der deutschsprachigen Community übernommen wurde – allerdings vor allem um seinen Klangs Willen und in den meisten Fällen mit einer völlig anderen Bedeutung. Denn wenn das Wort im originalen Zusammenhang eigentlich die Branche in ihrer Gesamtheit meint, spricht der deutsche Bartender bei der „Industrie“ so gut wie immer entweder von Spirituosenherstellern oder aber von den großen Konzernen.

Und genau an dieser Stelle dockt das Problem mit der falschen Romantik an. Die Romantik von der vermeintlich „bösen“ Industrie und ihrem schlechten Einfluss auf die guten Bars dieser Welt. Und es besteht aus zwei Teilen. Erstens: Dem bereits erwähnten Hang, ein Produkt aus Konzernhand grundsätzlich gegenüber solchen kleinerer Hersteller herabzustufen. Zweitens: Der oftmals blinden Unterstellung, große Firmen würden durch ihr Handeln automatisch Schlechtes herbeiführen auf der Suche nach immer mehr Einfluss und Kontrolle.

Der erste Aspekt ist daher so tiefsitzend und nachvollziehbar, weil er im menschlichen Geist an sich wurzelt. Denn er impliziert die Suche nach dem vermeintlich Ursprünglichen. Wer heute etwas auf sich hält, der sucht, wenn er die Wahl hat, stets nach dem Produkt eines kleinen, unabhängigen Herstellers. Dabei nimmt besonders im Bereich der Bar – viel mehr noch als bei Lebensmitteln – diese Suche oft Züge an, die vielmehr ins Politische gehen als in die Realität der täglichen Arbeit. Das Produkt des „Kleinen“ wird per se aufgrund seiner Herkunft als besser eingestuft. Es zählt kurioserweise nicht zur „Industrie“. Obwohl letztlich auch sein Produzent damit einen wirtschaftlichen Gedanken verfolgen wird. Am Ende wird ein Produkt dabei dann eher wegen seiner Rahmenbedingungen bevorzugt, nicht wegen seiner für die Arbeit an der Bar relevanten Eigenschaften. Natürlich nicht immer, aber es kommt häufiger vor als viele zugeben wollen. Selbstverständlich wäre es wahrhaft blödsinnig anzunehmen, dass der Birnenbrand einer Riesenfirma, die von zahlreichen Erzeugern zukaufen muss, intensiver schmeckt als jener eines kleinen Betriebes, der aus eigenen, alten Streuobstwiesen brennt. Oder blindlings den Champagner eines großen Hauses zu kaufen, wenn man gleichzeitig die Möglichkeit hat, für gleiches Geld (oder oft sogar weniger) einen lagenreinen Winzerchampagner zu bekommen, der höchstwahrscheinlich ein wesentlich besseres, auch objektiv besseres Ergebnis bringt.

Die Gute Seite hat auch ihre Schwächen. Wenn es eine Gute Seite gibt.

Doch gerade die letzte Jahre haben uns gezeigt, dass längst nicht alles Gold ist, was in der schönen, neuen und kleinen Spirituosenwelt glänzt. Das geht los bei den vielen angeblichen „Craft“-Gins, von denen letztlich viele im Lohnverfahren in irgendwelchen anderen Brennereien gefertigt werden und die am Ende oft halbgar oder gar unbrauchbar daherkommen. Besonders evident ist es aber auch bei vielen jüngeren Häusern, die plötzlich Whisky oder Rum brennen (oder alten Häusern, die das neuerdings auch tun): Nicht wenige Kenner attestieren vielen dieser Destillate höchstens mittelmäßige Qualität, insbesondere in Blindverkostungen – also dort, wo wirklich nur das Produkt zählt, nicht seine wie auch immer gearteten Rahmenbedingungen.

Das liegt z.B. daran, dass es eben nicht einfach genügt, eine Getreidemaische durch eine Pot Still zu schicken und anschließend für ein paar Jahre in ein Holzfass zu legen. So etwas will mit all seinen Unwägbarkeiten gelernt sein. Und gerade beim Thema Reifung macht den „Großen“ in vielen Fällen keiner etwas vor. Das bedeutet nicht zwingend, dass ausschließlich große Firmen guten Bourbon herstellen. Aber es bedeutet, dass ein Start-up nicht nur deshalb einen guten Whiskey brennt, weil es erst zwei Jahre alt ist und seine Macher früher gute Bartender waren. Erst recht nicht, wenn man überall „Singel Barrel“ drauf schreibt. Denn damit hebt man die letzte Verbindlichkeit für Kontinuität auf. Oliver Ebert aus der Berliner Bar Becketts Kopf, der seit vielen Jahren zu den führenden Streitern für eine qualitative, bedachte Produktauswahl jenseits allen Marketings zählt, schrieb dazu 2015 in MIXOLOGY: „‚Klein‘ bedeutet nicht automatisch ‚Qualität‘.“

Wenn der Irrtum zur Methode wird

Die blühende Bierszene kämpft übrigens mit ganz ähnlichen Problemen: Produkte werden von kleinen, jungen und oft unerfahrenen Firmen auf den Markt gegeben, die dann einfach sagen: „Das gehört so.“ Nicht oder nur halb ausgegorene Autodidaktik und mangelnde Kalkulierbarkeit werden zum Konzept erklärt –  selbst wenn der Konsument sich bei jeder Flasche, die er kauft, wieder fragen muss, wie der Inhalt wohl schmecken wird. Die Chargennummer wird zum Los des guten Geschmacks. Das soll wiederum kein Freilos für den Kauf einer Flasche Bombay Sapphire, Tanqueray oder Warsteiner bedeuten – aber dort weiß der Kunde vorher, wie der Inhalt schmecken wird.

Und selbst, wenn ein vermeintlich handwerkliches Produkt wirklich gut schmeckt, bleiben immer noch eine ganze Reihe an Unwägbarkeiten. Gerade in der amerikanischen Whiskeywelt machen sich zahlreiche Hersteller oder Abfüller die komplexe Gesetzgebung zunutze, die zwischen zahlreichen Begriffen wie „distilled“, „bottled“ oder „produced“ unterscheidet. Und zwar nicht nur bei der Diageo-Tochter Bulleit, deren „Kentucky“ Bourbon bekanntermaßen bei MGP in Indiana gebrannt und vorgereift wird, sondern auch „kleine“ Marken wie etwa Dickel, Prichard’s, Willet, Pappy Van Winkle oder Whistlepig. Dazu kommen dann noch die Verflechtungen der Besitzverhältnisse vieler Destillen, die sich immer mal wieder ändern und die sämtlich zu kennen kaum möglich ist. Teils kommen Produkte aus einer Brennerei, die Konzern A gehört, während Konzern B sie herausgibt. Im Extremfall erledigt dann aus irgendwelchen Gründen auch noch Konzern C den Vertrieb in einzelnen Ländern. Vor allem aber bleibt die Erkenntnis, dass man es sich zu einfach macht, wenn man die Produkte großer Hersteller grundsätzlich verteufelt. Denn „groß“ bedeutet eben auch nicht automatisch, dass der Inhalt schlech „klein“ ist.

Alles hat (mindestens) zwei Seiten. Auch die Industrie.

Der zweite Problem-Sachverhalt, wenn es um die „Industrie“ geht, ist jener des Macht- und Kontrollvorwurfs bzw. jener, Spirituosenkonzerne würden nur mit Bars zusammenarbeiten, weil sie sich davon etwas versprächen. Natürlich tun sie das! Kein Unternehmer würde einen Euro ausgeben, wenn er sich nicht ausgerechnet hätte, dass er dafür in nicht allzu ferner Zukunft wenigstens einen Euro und ein paar Cent zurückerhalten wird. Selbst wenn also Diageo oder Bacardi jährlich mutmaßliche Millionenbeträge für ihre monumentalen Wettbewerbsformate World Class und Legacy ausgeben, tun sie das, weil sie sich einen irgendwie messbaren betriebswirtschaftlichen Mehrwert davon versprechen. Insofern sind alle entsprechenden Vorwürfe zwar sachlich „richtig“, aber vollkommen irrelevant. Weil Unternehmer eben Geld ausgeben, weil sie davon noch mehr Geld versprechen. Zumal solche Vorwüfe dann auch für all jene krediblen, coolen und angeblich durchweg großartigen Produkte kleiner, unabhängiger Hersteller gelten müssen. Wenn also die Spreewood Distillers Bartender zum Campen einladen oder Revolte Rum seinen neuen Falernum mit einem großen, bartenderfreundlichen „Roadsip“ auf dem Markt einführt, dann machen sie das Selbe – nur im kleineren Maßstab. Sie sind dann prinzipiell genauso Industrie. Nur in klein. Sie alle – Diageo wie Revolte Rum – versuchen, Aufmerksamkeit und Gunst der Fachwelt durch Maßnahmen, die im weitesten Sinne den Charakter von „Incentives“ haben, zu gewinnen und zu sichern.

Die Unterstellung, das Firmen durch solche Art des Marketings eine Branche gefährden, ist aber auch deswegen sehr weit hergeholt und in gewisser Weise beinahe verschwörungstheoretisch geprägt, weil kein Bartender gezwungen wird, sich daran zu beteiligen. Und auch von solchen Events abgesehen, unterliegt erst einmal kein Betrieb dem Zwang, Produkte der sogenannten „Industrie“, also der Konzerne, die Riesensummen für Bartenderbespaßung ausgeben, in seiner Bar zu listen und zu verkaufen. Zahlreiche gut laufende Bars, darunter einiger der besten überhaupt, demonstrieren seit vielen Jahren, dass es möglich ist, ohne eine Teilnahme an jenem Markenzirkus und mit einem vollkommen unabhängigen, flächig zusammengestellten Spirituosenangebot, über viele Jahre hinweg herausragende und wirtschaftliche Arbeit zu leisten. Die Frage, ob und in welchem Umfang man sich als Bar oder Bartender auf die Angebote an Workshops, Competitions und sonstiger markengetriebener Events seitens der Spirituosenhersteller einlässt, liegt beim Einzelnen. Es bedarf einer simplen, erwachsenen Entscheidung, sich selbst zu beantworten, wie stark man das an sich heranlassen möchte. In jedem Falle aber ist es lächerlich, Firmen vorzuwerfen, sie würden mit ihren Aktivitäten eine Szene oder Branche gefährden. Erstens gehören alle beteiligten Personen zu dieser Szene, zweitens macht die „Industrie“ (also jetzt im falschen Sinne des Wortes) lediglich Angebote. Keiner muss da mitmachen.

Die Industrie –  das sind ja Wir?!

Ein mittlerweile fast schon stehendes Diktum der Bar-Community ist eine Aussage, die Joerg Meyer vor einigen Jahren, aber deutlich nach dem Ende des eingangs erwähnten Bitters Blogs tätigte. Sie lautete: „Brands need bartenders, but bartenders don’t need brands.“ Doch Meyers Vergleich hinkt: Auch wenn er darauf abzielte, dass Marken die Gunst der Bartender brauchen, um beim Gast und Verbraucher in gutes Licht gesetzt zu werden (womit er zunächst Recht hat), so scheint auch Meyer den falschen Begriff von „Brands“ und implizit von „Industrie“ zu haben: denn er meint offensichtlich die Big Player, die viel Geld dafür ausgeben, um im Rückbüffet zu landen. Tatsächlich allerdings ist die zweite Hälfte seines Statements falsch.

Denn Bartender brauchen sehr wohl so etwas wie Marken. Also Produkte. Denn Bartender verarbeiten üblicherweise Produkte weiter, die sie einkaufen und nicht selbst herstellen. Ein weiteres Merkmal einer Industrie im eigentlichen Sinne sind Verwertungsketten. Und auch unter diesem Aspekt zählen plötzlich kleine, neue und aufregende Boutique-Brands genauso zur Industrie. Bartender brauchen Marken, um sich über sie zu definieren –  es bleibt jeder Bar überlassen, ob er sich lieber über das Millionenportfolio eines Konzerns definieren will oder über eine handverlesene Auswahl an Kleinstprodukten. Oder sogar eine Mischung aus beidem. Der Mechanismus bleibt immer gleich. Und zur Industrie im eigentliche Sinne gehören alle: Bars, Brenner, Brauer, Glashersteller, Magazine. Und sogar der Bartender. Schon immer. Nicht erst im Jahre 2017. Darüber muss man sich im Klaren sein, wenn man über die „Industrie“ und ihre angeblich gefährlichen Verlockungen meckert. Denn dazu gehören immer beide Seiten.

 


 

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