Am 15. April 2024 wird das deutsche Agavenforum in Hamburg stattfinden.

Erscheinen Sie, sonst weinen Sie: Das Agavenforum Club Cantina nun in Hamburg



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ach der Münchner Premiere im Vorjahr wandert der Club Cantina nach Norden. Am 15. April 2024 wird das deutsche Agavenforum in Hamburg stattfinden. Bei der zweiten Ausgabe wartet ein spannendes, bereits umfangreicheres Programm. Für Diskussionsstoff ist um das heiße Thema Agave ohnehin gesorgt.„"

Man mag es nicht glauben, aber noch immer scheinen nicht alle Fragen rund um die Agave ausgeräumt, obwohl doch schon im ersten Club Cantina letztes Jahr in München ausgiebig debattiert, erklärt und gepowerpointed wurde.

Agave ist offensichtlich nicht nur größer, sondern auch komplexer als Kohlrabi. Und schmeckt besser, könnte man hinzufügen. Schwer vorstellbar auch, dass Schwankungen im Kohlrabi-Kurs ähnliche weltweite Auswirkungen haben könnten wie bei der Agave. Seit einigen Jahren erreichen Tequila und Mezcal stets neue Spitzenwerte in ihrer Beliebtheit, und die Auswirkungen sind vielfältig. Der Markt boom unaufhaltsam, aber die Agavenpreise rauschen aktuell in den Keller, wie passt das zusammen? Was passiert hinter den Kulissen der Industrie in Mexiko, wie sehr verändert der Trend das Land, oder beeinflusst tatsächlich das Land vielmehr den Trend?

Der Charme des Miteinanders

Die Geschichten rund um die Agave sind anscheinend wie die Agave selbst; man muss zuerst einmal eine ganze Menge Grünzeug drum herum weghacken, um zum Herz vordringen zu können. Wiederum sind es Mezcal San Cosme und Patrón Tequila, die die Veranstaltung ausrichten, und wiederum ist das Treffen nicht als Tarnkappenpaloma für die Präsentation der eigenen Marke gedacht, sondern als markenübergreifendes Forum der meist nicht ganz so Großen, um sich der Agave in all ihren Facetten ausgiebig widmen zu können – die Website bietet sogar Mitbewerbern an, ihre Produkte zu präsentieren.

Dieses gerade in der Getränkeindustrie nicht gerade alltägliche Miteinander macht definitiv einen großen Teil des Charmes der Veranstaltung aus, vom erwartbaren Brain-Thunderstorming ganz abgesehen. Und den Drinks natürlich. Nach dem Süden der Republik mit München wird nun das nordische Hamburg Gastgeber des zweiten offiziellen Clubabends sein, und damit hat man die ersten beiden Grenzpfosten des Wissens schon recht raumgreifend eingeschlagen. Natürlich besitzt Hamburg mit Betty Kupsas The Chug Club einen langjährigen, international scheinenden Leuchtturm der Agavenliebe, und selbstverständlich findet dort auch der Großteil der angebotenen Seminare und Masterclasses statt. Um dem erweiterten Angebot gerecht zu werden, hat man mit dem 190 Meter entfernt gelegenen Häkken noch eine weitere Location aufgeboten. Die Vielfalt der Cantina steigt mit der Nachfrage, und wenn das so weitergeht, dann werden sie früher oder später noch einen Tag dranhängen müssen.

Es gibt aber auch viel zu besprechen.

Gernot Allnoch von San Cosme war gerade eben wieder in Mexiko und berichtet aus erster Hand von dem, was vorgeht im Mutterland; zusammen mit Christoph Wild von Tequila Mayaciel wird er auch über die Hintergründe des momentanen Trends sprechen. Mit Spannung erwartet wird der Vortrag von Hendrik Giersiepen von Casa Lumbre, der über die Regularien der artisanalen Erstellung sprechen wird, wie sie im Rahmen der NOM, der Norma Oficial Mexicana, festgelegt werden. Wie sinnvoll sind diese Grenzen, welche Schlupflöcher gibt es, wie werthaltig sind die Qualitätssiegel? Giersiepen kommt ebenfalls direkt aus Mexiko und hat bestimmt viel zu erzählen.

Mit-Initiator Gernot Allnoch (San Cosme) kommt mit frischen Eindrücken aus Mexiko
Mit-Initiator Gernot Allnoch (San Cosme) kommt mit frischen Eindrücken aus Mexiko
Manuel Weißkopf hat jahrelang in Mexiko gelebt und dort Dr. Sours gegründet
Manuel Weißkopf hat jahrelang in Mexiko gelebt und dort Dr. Sours gegründet

Agave: vom Produkt zum Politikum

Dass das Thema Fermentation nicht aus Norwegen kommt, zeigt die promovierte Biochemikerin Enriqueta Martinez Rojas. Pflichtwissen, Basiswissen. Gerade hat ja auch die Durchsuchung des Hauptquartiers von Tequila Matchmaker viel Aufsehen erregt; auch wenn dazu die Informationen nach wie vor spärlich sind, wird dieses Thema sicherlich Widerhall unter den Anwesenden finden. Es wird immer deutlicher, dass der Erfolg die Agave vom Produkt zum Politikum hat werden lassen. „Das wird unter den Nerds und Afficionados sicher diskutiert werden, was global passiert und was vor Ort – ist das Label „additive free“ ein neues Ding, oder werden da Leute bezahlt, um das draufzuhaben? Das ist auf jeden Fall ein interessantes Thema,“ so Manuel Weißkopf von San Cosme.

Nicht den offiziellen Weg zu gehen, erfordert jedenfalls Ausdauer, wie bei den großartigen Beú Spirits, deren Chris Santiago über die Kulturpflanze Agave sprechen wird. Beú verweigert sich dem Zwang zur Klassifikation, ohne dabei in irgendeiner Weise Abstriche in der Qualität hinnehmen zu wollen. Die NOM wird vom CRT vergeben, dem Consejo Regulador del Tequila, einer zumindest halbstaatlichen Behörde, und die Mitgliedschaft bei diesem Verein ist beileibe nicht umsonst. So oszillieren dessen Charakteristika oft zwischen Qualitätswacht, Pfründenbewahrung und Protektionismus. Wer Mezcal oder Tequila verkaufen will, muss sich dort registrieren, alle anderen sind bloß scheinbar glanzlosere Agavendestillateure. Die Diskussion darüber, was Behörden tun sollten und ab welchem Punkt sie übergriffig zu werden drohen, beschränkt sich sicher nicht auf Deutschland.

Ein Highlight wird sicherlich der Auftritt von Roberto Artusio und Claudio Sblano vom genialen La Punta in Rom sein – auch an dieser Stelle wurde schon über diesen großartigen Tempel der Agave-Verehrung geschrieben. Die Macher waren ebenfalls kürzlich für längere Zeit in Mexico, werden in Hamburg auch den Prozess des Ancestral / Artesanal näher beleuchten und auch ihren Film vorstellen, den sie mit viel Liebe und Mühe dort produziert haben. Als Agavenfan sollte man sich jedenfalls sofort in Bewegung setzen, wenn man auch nur leise den Namen La Punta vernimmt.

Club Cantina als Dauereinrichtung

Zur Premiere letztes Jahr in München waren Workshops noch kein Thema, jetzt aber legt man sich auch da ordentlich ins Zeug, um der Theorie die Praxis zu geben. Das Wax On arbeitet mit Joe Lewis-White an der Perfect Paloma, Thomas Lang wird mit Karim Fadl über die Verwendung hochwertiger (und hochpreisiger) Tequilas an der Bar sprechen, und Nikša Pirović, der Inhaber von Pacific & Lime, wird seine herausragenden Qualitäten ebenfalls unter Realbedingungen im Einsatz zeigen. Unbedingt probierenswert. Und noch viel viel mehr. Das wird ein Tag ohne Lehrlauf werden.

Es macht ganz den Eindruck, als könnte aus dem Club Cantina eine – sehr begrüßenswerte – Dauereinrichtung werden. Die Möglichkeit, aus dem Wissenspool der Versammelten zu schöpfen, erregt jedenfalls auch andernorts Begehrlichkeiten: Immer wieder erfolgen Einladungen zu Messen und ähnlichem, und falls die Brexit-Hürden überwunden werden können, wird sich der Club Cantina als Gast auf der Imbibe in London wiederfinden. Das Thema Agave wird auf jeden Fall nicht so schnell erschöpft sein, und nachdem das Lernen hier auch mit guten Getränken und faszinierenden Menschen verbunden ist, sollte dem weiteren Erfolg nichts im Wege stehen.

Na dann! Der Club Cantina ist weit mehr als Mos Eisleys berühmteste Partyband. Erscheinen Sie, sonst weinen Sie. Ab 11:00 geht es am 15.4. los; Registrierung hier.

 


 

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