Die zentrale Beobachtung der heute ausklingenden Woche: Obwohl die Bar-Community von Jahr zu Jahr etwas vernünftiger und erwachsener wird, gibt es noch immer keine Woche im gesamten Restjahr, in der man von so vielen Krankheitsfällen unter Bartender:innen und sonstigen Personen aus dem Business hört wie in ebenjener Woche direkt nach dem Bar Convent Berlin. Die langen, lauten, noch immer mit viel Alkohol durchsetzten Messetage fordern ihren Tribut.
Da diese Woche also wahrscheinlich eher weniger Drinks genommen werden, legen auch wir einfach mal ein alkoholfreies Fundstück ab: Das Imbibe Magazine brachte diese Woche ein Rezept von Morgan Eckroth aus Portland, derzeit eine der einflussreichsten Baristas weltweit. Und ihr Drink „Navel Duties“ ist nicht irgendeiner, sondern ein alkoholfreier Take auf den Mai Tai. Muss man sich trauen! Vor allem aber funktioniert die Sache ganz hervorragend, weil Eckroth Kaffee nutzt, um alkoholische Textur und Extrakt in den Cocktail zu bringen – fernab von Espresso-Martini-Mainstream, Lab-Kitchen-Hexenwerk oder dubiosen „alkoholfreien Spirituosen“. Das Rezept gibt es hier und wir raten ganz ausdrücklich: ausprobieren! Mit einem Navel Duties in der Hand werfen wir nun den gewohnten Blick auf die wichtigsten Schlagzeilen der letzten Tage.
Lässt sich die „Gewinnerformel“ der Bar Leone reproduzieren?
Die junge Geschichte der erst rund zweieinhalb Jahre alten Bar Leone aus Hongkong ist eine beeindruckende Erfolgstory: Gerade erst letzte Woche wurde die von Lorenzo Antinori und Justin Shun Wah konzipierte, einer einfachen italienischen Tagesbar nachempfundene Trinkstätte zur „World’s Best Bar“ gekürt.
Direkt danach steht das nächste Kapitel an, denn Shun Wah und Antinori (der außerdem zusammen mit Simone Caporale das Montana betreibt) eröffnen in Kürze das erste Spin-Off ihres erfolgreichen Konzepts: In Shanghai soll in wenigen Wochen ein weiteres „Leone“ seine Türen aufsperren – und zwar sogar deutlich größer als das Mutterschiff aus Hongkong. Rebecca Lo hat das für The Drinks Business zum Anlass genommen, um mit Shun Wah und Antinori zu sprechen und zu beleuchten, ob und wie sich ein so simples, aber durchschlagendes Konzept wie eine Gewinnerformel reproduzieren lässt. Ein durchaus hintergründiger Artikel, der auch die Frage stellt, was Nachbarschaftlichkeit für eine gute Bar eigentlich bedeutet.
Die eigene Bar vermarkten. Von einem, der es wissen muss.
Iain McPherson gehört zu den schillerndsten Figuren der letzten globalen Bar-Jahre. Inhaber des wegweisenden, preisgekrönten Panda & Sons in Edinburgh, Initiator der dortigen Bar Show sowie einer der einflussreichsten Forscher rund um neue Infusions- und Arbeitstechniken – die Liste der Meriten des charismatischen Schotten ließe sich noch fortsetzen.
Für das Class Magazine hat McPherson diese Woche in einer kleinen Kolumne einige Gedanken rund um die Vermarktung der eigenen Bar zur Sprache gebracht. Im Zentrum seiner Überlegungen stehen Networking und Gastschichten (sowie der knappe Hinweis, dass anständiges Social Media mittlerweile eine nicht mehr erwähnenswerte Selbstverständlichkeit ist). Nun mag man von Gastschichten grundsätzlich halten, was man will. McPherson allerdings demonstriert, dass er das Thema durchdrungen und durchdacht hat. Er schildert präzise, wie er und sein Team die Idee im Lauf der Jahre weiterentwickelt und von einem reinen Gastspiel zu wirklichem Community-Management gemacht haben. Das kostet zwar Geld, scheint aber zumindest in seinem Fall aufzugehen. Interessiert? Dann mal los!
KI bemängelt fast die Hälfte aller Werbung für alkoholfreie Produkte
Die britische Behörde für die Aufsicht von Werbemaßnahmen (ASA) nutzt zur Überprüfung der Einhaltung ethischer, gesundheitlicher und sonstiger Standards von Werbung seit einiger Zeit eine Large-Language-KI bei ihren Prüfungen. Ein positives Signal gibt es dabei in Sachen Werbung für alkoholische Getränke, denn von den circa 6.000 gescannten Werbe-Inhalten erfüllen rund 96% die Anforderungen vollständig. Ein wichtiger Aspekt in den Vorgaben ist selbstverständlich, dass Werbung nicht zu übermäßigem Alkoholkonsum aufrufen darf.
Interessanterweise wurde Werbung für alkoholfreie Getränke dagegen fast in jedem zweiten Fall (48%) inhaltlich beanstandet. Im Fokus steht dabei scheinbar eine häufig missverständliche oder nicht ausreichend klare Aussage zum wirklich vorhandenen Alkoholgehalt der beworbenen Produkte, so The Spirits Business in einer Meldung vom Montag. Ein paar mehr Details und auch die Frage, weshalb Jägermeister jüngst Probleme mit der ASA hatte, gibt es von Journalistin Nicola Carruthers.
Kein schöner Herbst: Bier wird teurer
Bier könnte demnächst (schon wieder) teurer werden. So zumindest schrieb es die Tagesschau am Freitag auf ihrem Instagram mit Bezug auf das Branchenmagazin Inside. Demzufolge könnten insbesondere die Produkte der großen deutschen „Fernsehbrauereien“ in Kürze im Preis steigen. Grund dafür scheint nach der Meldung primär der Konsumrückgang zu sein. Seit Jahren schrumpft der Bierabsatz kontinuierlich, während natürlich auch in der Brauwirtschaft die Kosten steigen. Inbesondere der Gastro-Absatz von Bier sinkt stark. Effektiv werde sich, so die Tagesschau weiter, der steigende Preis vermutlich erst nach dem Jahreswechsel zeigen, da der Handel die Steigerungen kaum während das lukrativen Weihnachtsgeschäfts an die Verbraucher:innen weitergeben werde. Und wir fragen uns: Ist es schade oder gut, dass man diesmal wohl nicht mit einer neuen „Münchener Bierrevolution“ wird rechnen müssen?





