Inventur

Inventur am 2. Juni 2024 – Bartender's Ketchup & Bartenders Kleidung


G
estern Nachmittag waren wir bei „Freimeister & Friends“, einer kleinen, aber feinen Messe des Freimeisterkollektivs an ihrem Sitz in Berlin. Rund 35 Destillerien aus 14 Nationen waren dabei, eine Crème de la Crème von handwerklich arbeitenden Brennereien, wo es ausnahmslos hervorragende Spirituosen zu verkosten gab. Darunter waren auch einige alkoholfreie Produkte. Deren Problem ist grundsätzlich nicht die Aromatik, aber stets die mangelnde Textur, sprich die mangelnde Dichte und natürlich fehlende Adstringenz. War das gestern anders? Nein. Auch hier erinnerten die verkosteten Produkte in ihrer Dünnflüssigkeit meist an – etwas überspitzt gesagt – aromatisiertes Wasser. Das ist keine Stichelei gegen die Kategorie an sich, schon gar nicht gegen Low- oder No-ABV-Drinks. Aber es zeigt nach wie vor: Wer sich in der Bar damit beschäftigt, tut besser daran, mit eigenen Tees, Cordials und Essenzen zu arbeiten und nicht 20 oder 30 Euro pro Flasche für einen „alkoholfreien Gin“ zu bezahlen. Ein Thema, mit dem wir uns auch im Juni verstärkt auf MIXOLOGY Online beschäftigen werden, da wir den Monat unter das Motto No- und Low-ABV stellen. Aber nun geht es weiter mit den News der abgelaufenen Woche.

Ein Atlas der ältesten Bier-Brauereien der Welt

Bier zählt zu den ältesten alkoholischen Errungenschaften der Welt, denn Gärung war natürlich wesentlich früher bekannt als die Destillation, auf rund 13.000 Jahre schätzen Archäologen das Alter von Gebräuen, die mehr oder weniger als Bier definiert werden können. Richtige Brauereien eröffneten erst wesentlich später, w0bei die Herstellung vor allem auf europäische Mönche und Klöster und zurückgeht sowie die Notwendigkeit, eine sichere Alternative zu – oft verseuchtem und dadurch eine Krankheitsquelle darstellenden – Wasser zu finden. Von dort aus verbreitete sich das Bier aber rasch in den Rest der Welt, und VinePair hat einen kleinen Atlas der ältesten Brauereien pro Land zusammengetragen. In Deutschland ist das die Weihenstephan Brauerei, deren Gründung auf das Jahr 1040 rückdatiert. Ist sie damit die älteste der Welt? Beinahe. Nur eine wird als älter aufgezählt, und sie stammt aus einem Nachbarland. Hinweis: Es ist nicht Österreich.

Wie entsteht ein Bartender’s Ketchup?

„Bartender’s Ketchup“ ist der Begriff für ein Produkt, das sich einer starken Beliebtheit unter Bartender:innen erfreut, global angewendet wird und durchaus durch die ironische Linse betrachtet wird. Aber eben auch aus dem Backboard nicht wegzudenken ist. SevenFiftyDaily widmet sich in einem Beitrag der Frage, ob und wie ein Produkt, das diese Kriterien erfüllt, aussehen muss und ob es heutzutage noch möglich ist, diese zu erfüllen. Als eines der Beispiele nennt man dabei St. Germain Elderflower, das 2007, in der Hochblüte der Cocktail-Renaissance, das Licht der Welt erblickt hat, und überlegt, ob wie es nun, fast zwei Jahrzehnte später, noch gelingen kann, derartige Benchmark-Produkte zu etablieren. „Für mich sind Modifier der interessanteste Teil“, wird Chris Moore, Barchef des The Ned NoMad in New York, zitiert. „Das ist wie Architektur und Design. Man geht nie in ein Haus und sagt: ‘Wow, diese Fundamente sehen toll aus’. Man spricht über das Design. Für mich ist das Design der Modifier“. Leichter gesagt als getan, natürlich. Aber eine interessante Lektüre allemal.

Tales of the Cocktail mit Nominierungen

Man kann durchaus sagen, dass die Spirited Awards, die traditionell im Rahmen der Tales of the Cocktail in New Orleans vergeben werden, an Popularität und internationaler Bedeutung hinter die World’s 50 Best Bars zurückgefallen sind. Kaum ein Artikel – zumindest außerhalb der USA –, der eine Listung in der W50 unerwähnt lässt, während eine Auszeichnung mit einem Spirited Award wesentlich seltener erwähnt wird. Nichtsdestotrotz sind die „Tales“ nach wie vor eine wichtige Industrieveranstaltung und die Preise prestigeträchtig. Vor wenigen Tagen wurden nun die Liste der zehn Nominierten in den Kategorien veröffentlicht. Es ist eine Liste der üblichen Verdächtigen, die man auch auf den Listen der W50 findet, eine Bar oder Person aus dem deutschsprachigen Raum ist in den internationalen Kategorien nicht dabei.

Über Kleidung in der Bar

Kleider machen Leute, Kleider machen Bartender:innen, und Bartender:innen machen Bar. Somit machen Kleider auch eine Bar. Natürlich sind Baruniformen so alt wie die Bar selbst. Aber es ist nicht von der Hand zu weisen, dass auch immer mehr Bars abseits von Hotelbars und gesetzteren Etablissements einen eigenen Kleidercode anwenden, sei es nun, in dem das ganze Team in einfachen, gebrandeten T-Shirts antritt – oder eben in aufwändigeren Kollektionen, wie dieser Artikel auf Punch Magazine darlegt. Darin wird anhand von vier internationalen Beispielen erklärt, wie diese Bars über Uniformen nachdenken, wie sie in ihr Konzept passen und wie sie entstanden sind. Darunter sind das Overstory in New York, das Penicillin in Hong Kong, das Sips in Barcelona und, natürlich, die Jumpsuit-Träger um Rémy Savage im A Bar with Shapes for a Name. Ein kleiner, lesenswerter Artikel über ein Thema, das in der nächsten Zeit vermutlich noch verstärkt in den Fokus der Überlegungen rückt.

 


 

Unser News-Flash blickt diese Woche auf ein paar Kuriositäten: eine Historie des Bull Shot, Agavenbrände aus aller Herren Länder, Bars, die nur Bottled Cocktails reichen – und die vielleicht langweiligste Bestenliste der Welt.
Unser News-Rückschau der Woche diesmal mit Monica Berg, der dritten Runde des Pinnacle Guide und einem Ganovenausflug in den historischen Pegu Club.
In unserer wöchentlichen Inventur beneidet Kevin Armstrong New Yorker Bars um ihre Schlangen, während Salvatore Calabrese (mal wieder) einen sündhaft teuren Cocktail kreiert.

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