Inventur am 27. April 2025 – Agavenbrände: Jenseits von Mexiko

Unser News-Flash blickt diese Woche auf ein paar Kuriositäten: eine Historie des Bull Shot, Agavenbrände aus aller Herren Länder, Bars, die nur Bottled Cocktails reichen – und die vielleicht langweiligste Bestenliste der Welt.

Willkommen zur letzten Inventur im April, jetzt ist also aber so wirklich und richtig Terrassenzeit! Und ja, wir wissen es: Der eine oder andere hier ist wahrscheinlich schon gerade auf dem Weg nach Zürich. Denn dort startet – heute abend informell und morgen Vormittag dann offiziell – die Zurich Bar Show, nach wie vor veranstaltet von Armin Azadpour. Wir wollen uns daher hier gar nicht lange mit einem Intro aufhalten, sondern sagen einfach nur: Viel Vergnügen mit den diesmal recht launischen und unterhaltsamen Schlagzeilen und Themen der Woche!

Eine kleine Historie des Bull Shot

Der Bull Shot, ja, der Bull Shot. Auch wir blicken immer wieder mal bei Gelegenheit auf diese absurde, aber historisch herleitbare Kombination aus Vodka und Rinderbrühe. Für alle, die schon die wesentlich etabliertere und auch zugänglichere Mischung aus Tomatensaft, Vodka und Gewürzen – namentlich Bloody Mary – nicht so gernhaben, gilt jetzt gleich: bitte den kommenden Absatz überspringen.

Denn Olivia White hat diese Woche für VinePair einen kleinen Streifzug durch die Entstehungsgeschichte des Bull Shot unternommen. Das Ganze liest sich ein klein wenig wie eine nie ausgestrahlte Mad Men-Folge und macht auch ungefähr so viel Spaß. Wir erfahren, wie die legendäre Dosensuppenfirma Campbell’s involviert war, was der Bull Shot mit General Motors zu tun hat, warum in Detroit sowieso anders getrunken wurde als im Rest der USA – und dass Joan Crowford ein Fan des polarisierenden Knochenbrühe-Cocktails war. Wie dem auch sei, alles andere als große Kunst, aber ein schöner kleiner Artikel als Begleitlektüre zum Brunch.

Nicht-mexikanische Alternativen zu Tequila und Mezcal

Während im Tequila-Game weiterhin der Streit zwischen Produzenten und Behören darüber weitergeht, wer einem Tequila denn nun wirklich attestieren darf, ohne Zusatzstoffe hergestellt worden zu sein, hat The Spirits Business diese Woche eine interessante Zusammenstellung von Agavenbränden präsentiert, die nicht in Mexiko produziert werden.

Findige MIXOLOGY-Leser:innen erinnern sich eventuell noch an das Interview mit dem deutschen Agavenexperten und Getränketechnologen Hendrik Giersiepen, der uns letztes Jahr erklärt hat, wo Agaven so überall gedeihen können. Da verwundert es nicht, dass die von Georgie Collins kompilierte Liste einen bunten Strauß Destillate aus Südafrika, Venezuela, Australien, Indien, Texas und Kalifornien versammelt. Am interessantesten wäre dabei selbstverständlich der mit Kängurufleisch hergestellte Pechuga. Leider war es uns im Lauf des Freitagnachmittags nicht mehr möglich, herauszufinden, ob irgendeins dieser Produkte auch in Deutschland regulär erhältlich ist. Aber ein bisschen Window Shopping macht schließlich ebenfalls Spaß.

Ein Cocktailprogramm nur mit Bottled Drinks?

Daran, dass viele Bars großteils mit Prebatched Drinks arbeiten, haben wir uns gewöhnt, und daran ist auch gar nichts schlimm. Schließlich wissen Wissende, dass ein teils vorgemischter, vorbereiteter Cocktail keinen Deut schlechter ist als ein à la minute gemixter. Vielleicht liegt es auch nur an den unschönen Erinnerungen an die Coronajahre: Beim Schlagwort „Bottled Drinks“ indes müssen wir hingegen immer an Lockdowns und Notlösungen und traurige Drinks im eigenen Wohnzimmer denken.

Aber es geht auch anders: In München agiert mit der Terra eine Bar bereits seit 2023 ausschließlich mit Bottled Drinks. Auch Joe Wadsack berichtet diese Woche im Class Magazine über Bars, die eine Auswahl an Bottled Cocktails zum Kern ihres Drink-Angebots gemacht haben. Der Gedanke dahinter soll primär eine Analogie zu einer Flasche Wein oder Schaumwein sein – eine Flasche für zwei, drei, vier Personen, die unkompliziert und mit einer gemeinsamen Flasche in den Abend starten wollen. Und so sehr Madsack seinen Zitatgebern auch plausibel wirkende Begründungen entlocken kannt, wirkt und klingt das Ganze für uns doch ein wenig nach der Idee: „Hey, ein Collins, den wir auf eine Flasche hochskalieren, kostet uns weniger als vier oder fünf Einzelportionen, wir können ihn aber zum gleichen Preis und mit weniger Aufwand verkaufen.“ Wie sind Eure Gedanken dazu?

Keine Überraschungen: der „Cocktail Report 2025“ von Drinks International

Okay, das ist markerschütternd. Diese Woche erschien der jährliche „Cocktail Report“ des britischen Branchenmagazins Drinks International. Darin versammelt die Redaktion jedes Jahr im Frühling die weltweit 50 beliebtesten klassischen Cocktails. Dazu werden jeweils 100 weltweit hoch einflussreiche Bars nach ihren Topsellern befragt.

Das Ergebnis allerdings liest sie, naja, eben wie ein kleines Cocktailbuch für Einsteiger. Auf den Plätzen 1 bis 9 hat es im Vergleich zum Vorjahr keine Veränderungen gegeben. Angeführt vom Negroni, reihen sich dort Drinks wie Margarita, Old Fashioned, Espresso Martini oder Whiskey Sour aneinander. Alles keine schlechten Drinks, mitnichten. Aber braucht es eine Umfrage, um herauszufinden, dass neben all den kreativen, innovativen Signatures auf globaler Ebene nunmal am meisten Klassiker getrunken werden? Das alles nett visualisiert mit Stockfotos, auf denen beispielsweise der Gimlet eher wie ein astreiner Daiquiri aussieht. Aber wir sind alle erwachsen, und wer einen Blick auf die Liste werfen möchte, darf und soll das hier tun.

Fotocredit
everettovrk - stock.adobe.com

 


 

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