Die Inventur ist der wöchentliche Branchen-Rundblick

Inventur am 6. April 2025 – eine Abrechnung mit Celebrity-Spirituosen

Diesmal in unserer wöchentlichen Inventur: Das Class Magazine erteilt Celebrity-Spirituosen eine Absage. Außerdem streiten sich Kanada und die EU um Rye Whisky. Das und mehr im News-Flash.

Einen happy ersten Sonntag im April wünschen wir! Vielleicht befindet sich ja der eine oder die andere momentan sogar in der schottischen Hauptstadt, wo heute die zweite Edinburgh Bar Show startet. Das Debüt des teils dezentralen Festivals unter der Leitung von Barbetreiber und Vordenker Iain McPherson im letzten Jahr war ein voller Erfolg, die Erwartungen für 2025 dürften hoch sein. Wir haben es leider nicht nach Edinburgh geschafft – freuen uns aber über jede Nachricht von Leuten, die dabei sind. Und für die Daheimgebliebenen jetzt: Hier sind sie, die Schlagzeilen der Woche!

Der große Whisky-Streit: Kanada will Europa den Rye verbieten

Als gäbe es grad nicht genügend internationale Handels-Sperenzchen, nun auch noch das: Um den Jahreswechsel 2024/2025 wurden erste Gerüchte laut, dass europäische Whiskyhersteller ihren Roggenbrand bald nicht mehr als „Rye Whisky“ vermarkten dürfen. Tatsache ist, dass das streng genommen schon seit über 20 Jahren der Fall ist.

2003/2004 nämlich wurde ein Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada ratifiziert, in dem u.a. auch die gegenseitige Anerkennung bestimmter, herkunftsgeschützter Spirituosen festgehalten wurde. So wurden z.B. der österreichische Jagatee oder auch deutscher Korn als geschützte Spezialitäten definiert. Im Gegenzug wurde „Rye Whisky“ als kanadisch proklamiert, was bedeutet, dass europäische Hersteller diese Bezeichnung nicht mehr zur Vermarktung nutzen dürfen. Was zwei Jahrzehnte lang in der Schublade schlummerte, ist mit Wirkung zum 1. April 2025 hervorgeholt worden und in Kraft getreten. Mehr Details zum Hintergrund gibt es etwa bei The Spirits Business.

Parallel regt sich jedoch geeinter Widerstand europäischer Produzenten: In einer gemeinsamen Pressemeldung positionierten sich rund 15 Brennereien aus Europa Mitte der Woche gegen das Abkommen und forderten eine Nachverhandlung. Roland Graf hat das Thema bereits für MIXOLOGY beleuchtet, mit Brenner:innen gesprochen und auch auf die eigentliche Absurdität der Details hingewiesen.

Eine Schelle für Celebrity-Spirituosen

Da haut Hamish Smith mal einen raus: In seiner regelmäßigen Kolumne rechnet der Chefredakteur des britischen Class Magazine für seine Verhältnisse ungewohnt harsch mit dem Thema Celebrity-Spirituosen ab. Und auch wenn wir hier in der „Inventur“ durchaus ein kleines, boulevardeskes Faible für Promi-Schnaps haben, geben wir Smith vollumfänglich Recht.

Seine Kernthese: Eine Spirituose mittels eines Prominenten zu verkaufen, sei die „niedrigste Form des Marketings“. Erst recht natürlich, wenn (sowas soll ja vorkommen!) der Celebrity selbst „seinen“ Schnaps gar nicht selbst herstellt, sondern nur die Flasche und sein Gesicht in die Kamera hält. Besonders schön ist Smiths Diagnose, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, die höchst immun gegenüber Superstar-Marken sind – nämlich Bartender:innen. Einfach mal reinschauen, die Kolumne trifft ihren Punkt und macht großen Spaß.

Schrumpft die aufgeblähte Preis-Bubble bei japanischem Whisky?

„Mondpreise“. So kann man die Summen bezeichnen, die in den letzten Jahren mit bestimmten Abfüllungen japanischen Whiskys bei Auktionen und sonstigen Verkäufen erzielt wurden. Nun scheint sich zumindest ein gewisses Maß an Beruhigung zu zeigen, wie Joyce Yip diese Woche in einem Beitrag für The Drinks Business zeigt.

Anlässlich einer im März durchgeführten Autionsreihe bei Sotheby’s in Hongkong zeigt sich, dass ein gewisser Peak überschritten zu sein scheint: Zwar liegt der Preis des teuersten Whiskys der Versteigerung – ein Malt aus der lange Zeit geschlossenen Hanyu-Distillerie – mit rund 65.000 Euro noch immer extrem hoch. In Relation zum Auktionspreis eines vergleichbaren Hanyu-Whiskys im Jahr 2022 ist der Preis allerdings mehr als halbiert worden. Woran es liegt, dass sich das Preisgefüge bei Japanese-Raritäten immerhin zart einpendelt, legt Yip in ihrem Beitrag eingehend dar.

Eine kleine Ode an den Daiquiri

Ein Drink, über den man immer und überall gern liest, ist der Daiquiri. Nicht von ungefähr war der kubanische Dreiteiler der allererste Cocktail, dem unser Podcast vor fast auf den Tag genau zwei Jahren die erste rein Drink-bezogene Episode gewidmet hat. Eine ganz aktuelle Beobachtung des bei vielen Gästen noch immer zu wenig beachteten Bartenders‘ Handshake hat diese Woche die New York Times gebracht.

Genauer gesagt, geht Autor Pete Wells genau dieser Leitfrage nach: Der Daiquiri ist unter Barleuten extrem populär – warum wird er nicht öfter verkauft? Wells spricht mit renommierten New Yorker Bartender:innen über ihre Sichtweise auf den Drink, gibt Einblicke in interessante Zubereitungsrechniken, Twists und erklärt überdies, was ein D.T.O. ist. Und ja, es wird ja jetzt langsam wieder warm. Also: erst lesen, dann mixen!

Fotocredit
everettovrk - stock.adobe.com

 


 

Unser News-Flash blickt diese Woche auf ein paar Kuriositäten: eine Historie des Bull Shot, Agavenbrände aus aller Herren Länder, Bars, die nur Bottled Cocktails reichen – und die vielleicht langweiligste Bestenliste der Welt.
Unser News-Rückschau der Woche diesmal mit Monica Berg, der dritten Runde des Pinnacle Guide und einem Ganovenausflug in den historischen Pegu Club.
In unserer wöchentlichen Inventur beneidet Kevin Armstrong New Yorker Bars um ihre Schlangen, während Salvatore Calabrese (mal wieder) einen sündhaft teuren Cocktail kreiert.

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