Zugegeben: Wir sind sozusagen einen Tag late to the party: Schließlich war er schon gestern, der internationale Frauentag. Das hindert uns nicht daran, auf ein Buch hinzuweisen, das da sehr gut passt und über das Club Oenologique am Freitag berichtet hat. Die beiden Autorinnen und Cocktailexpertinnen Sammi Katz und Olivia McGiff haben jüngst einen Band über die prägenden Frauen in der aktuellen Bar- und Spirituosenszene herausgebracht: „Spirited Women“ versammelt und porträtiert insgesamt 55 Frauen, die die Branche zurzeit maßgeblich beeinflussen und mitgestalten. Dabei handelt es sich um ganz verschiedene Personen wie Bartenderinnen, Brennerinnen, Master-Blenderinnen und vieles mehr. Zwei der 55 Texte sind bei Club Oenologique exklusiv zu lesen. Wer sich also einen Vorgeschmack holen will, sollte das schnell tun. Und danach wenden wir uns den weiteren Schlagzeilen und Themen der barkulturellen und gastronomischen Woche zu.
Tequila-Behörde verklagt „Additive Free Alliance“
Beim Tequila bleibt es unruhig. Wie The Spirits Business am Freitag meldete, hat das Consejo Regulador Del Tequila (CRT) bei einem Gericht im US-Bundesstaat Florida Klage gegen die „Additive Free Alliance“ (AFA) eingereicht. Das CRT ist die halbstaatliche Aufsichtsbehörde für den bekanntesten mexikanischen Agavenbrand. Es erlässt und verwaltet die offiziellen Regularien und erteilt die „NOM“-Berechtigung, die erforderlich ist, um in einer Brennerei überhaupt Tequila herstellen zu dürfen.
Die AFA wiederum ist eine Zertifizierung, die von den Gründern der Plattform Tequila Matchmaker ins Leben gerufen wurde. Sie prüft Destillerien eingehend und stellt anschließend eine Bestätigung aus, dass Tequilas aus dem entsprechenden Betrieb ohne Zusatzstoffe oder Süßungsmittel abgefüllt werden. Das CRT begründet seine Klage damit, dass die AFA und ihr Zertifizierungs-Label den Verbraucher irreführen könnten. Der Konflitk zwischen CRT und Tequila Matchmaker ist indes nicht neu, die Behörde geht teils massiv gegen die Plattform vor (siehe auch vor knapp einem Jahr). Die Klage scheint nun ein weiterer Schritt in der Einschüchterungstaktik gegen Matchmaker. Kritiker werfen dem CRT Korruption sowie einseitige Interessenvertretung der großen, industriellen Produzenten vor. Details zum neuen Streit gibt er hier.
Größter kanadischer Importeur nimmt US-Getränke aus den Regalen
Der Handelskrieg, den US-Präsident Donald Trump durch die gegen viele Staaten erlassenen Strafzölle heraufbeschwört, geht in die nächste Runde. Nachdem die USA auch gegenüber Importen aus Kanada einen neuen Zoll von 25% eingeführt haben, reagiert der nördliche Nachbar. Genauer gesagt: Das Liquor Control Board of Ontario (LCBO). Das LCBO fungiert als staatliches Alkoholmonopol in der bevölkerungsreichsten kanadischen Provinz Ontario und ist auch für den Import ausländischer Alkoholika zuständig. Laut eigener Aussage ist es der weltweit größte Einzelabnehmer für US-Spirituosen mit einem jährlichen Volumen von mehr als einer Millarde Dollar.
Seit Montag allerdings sucht man US-Produkte vergeblich in allen Regalen und Online-Kanälen des LCBO, das gab die Pressestelle bekannt. Stattdessen verweist man darauf, über ein umfangreiches Sortiment heimischer Produkte oder aber solcher aus vielen anderen Ländern zu verfügen. Dies gilt auch für Wein und Bier. Eine erste prominente Reaktion auf den Schritt kam von Lawson Whiting, dem CEO des Brown-Forman-Konzerns, der u.a. Jack Daniel’s und Woodford Reserve herstellt. Whiting sprach in einem Statement von einer „unangemessenen Antwort“ des LCBO und warf der Institution vor, ihre Maßnahme sei „schlimmer als jeder Zoll“. Aus Sicht von Brown-Forman sicher nachvollziehbar. Aber sonst?
200 Jahre Angostura-Geheimnis
Es dürfte trotz seiner kleinen Dimension eine der größten Konstanten der weltweiten Barszene sein: Wir sprechen von dem kleinen, an sich unscheinbaren Fläschchen mit dem gelben Drehverschluss und einem leicht zu groß geratenen weißen Papieretikett. Denn eine Flasche Angostura findet sich in praktisch jeder Bar. Laut Hersteller House of Angostura aus Trinidad macht man als Weltmarktführer rund 85% des globalen Bitters-Absatz aus. Angostura, ein Gigant in einer Nische.
Den jüngst gefeierten 200. Geburtstag der Marke hat Dylan Ettinger diese Woche zum Anlass genommen, um bei Food & Wine die durchaus interessante und wechselvolle Geschichte von Unternehmen und Marke zu beleuchten. Vor allem aber stellt er natürlich die eine Frage aller Fragen: Wie bewahrt man ein Geheimnis für 200 Jahre? Gemeint ist natürlich die Rezeptur des legendären Bitters, die angeblich nur fünf Personen im gesamten Unternehmen vertraut ist. Ein schönes Lesestück für sonnige Sonntage.
Die problematischen Grundlagen der Spitzengastronomie
Viele unserer Leser:innen dürften als erfahrene Gastronomen damit vertraut sein: Die klassische Spitzenküche hat ein grundsätzliches Problem. Denn sie ist in ihrer allgemein gängigen Form fast nur durch Ausbeutung des Personals möglich. Hinzu kommen teilweise Vorwürfe des Etikettenschwindelt.
Den jüngsten Skandalfall aus dem deutschsprachigen Raum, nämlich jenen um den Wiener Sternekoch Konstantin Filippou, hat Kulinarik-Journalist Georges Desrues zum Anlass genommen, um die Thematik im österreichischen Standard auch für fachfremdes Publikum detailliert aufzubereiten. Und das gelingt Desrues sehr gut. Er bringt nicht nur kenntnisreich viele Beispiele für entsetzliche Zustände, die im Lauf der Jahre ans Licht gekommen sind; nein: Er liefert auch Lösungsvorschläge darüber, wie viele Wirt:innen das generelle Konzept von Spitzengastronomie und die Idee von einem rentablen Restaurant überdenken sollten. Wir empfehlen einen Blick hinein!