Wir arbeiten bei uns im Dunlin immer mit sogenannten „Themen“. Pro Thema entwickeln wir dann immer vier bis fünf Cocktails. Das heißt also: Insgesamt haben wir pro Karte zwischen 20–25 Drinks, die etwa alle drei bis vier Monate wechseln. Wir arbeiten dabei immer mit erntefrischen Zutaten, dabei ist der Zeitaufwand bei der Verarbeitung sehr hoch. Das führt dazu, dass die aktuellen Themen nie die aktuelle Ernte repräsentieren.
Aktuell sind die Themen Honig, Himbeere, Brombeere, Rosmarin und Apfel. Generell arbeiten wir bei uns in der Bar auf der Basis von Fruchtweinen, die wir direkt hier bei uns in der Bar herstellen. So auch bei diesem Signature Drink, dem Granny Smith. Der ist benannt nach der Apfelsorte, aus der wir sowohl den Wein als auch das Destillat gewinnen, das die Basis des Drinks bildet. Wenn wir die Äpfel bekommen, machen wir als Erstes Saft daraus. Das passiert mit einer von diesen alten Pressen zum Kurbeln, wie sie manche vielleicht noch vom Land kennen.
Den Saft lassen wir dann zusammen mit Hefe und Zucker fermentieren. Wir haben festgestellt, dass Weißweinhefe für den Geschmack, den wir anstreben, das beste Resultat liefert. Der mit Hefe und Zucker versetzte Saft kommt dann in Fermentationstanks, wo er insgesamt zwischen fünf und sechs Wochen fermentiert. Wir fangen allerdings schon früher an zu probieren. Das Ganze ist ein dynamischer Prozess, bei dem wir mittlerweile zwar schon einige Richtlinien gefunden haben, aber es ist sehr wichtig, alles im Blick zu behalten, weil es immer auch anders kommen kann. Man hat im Kopf, wo die Reise hingehen soll, und dann tastet man sich langsam ran.
Die Reste, also den Trester des Apfels, benutzen wir ebenfalls, um ein Destillat daraus zu brennen. Dafür geben wir ihn in Neutralalkohol und lassen ihn darin mazerieren. Dabei ist es wichtig, schnell zu sein, denn sonst oxidiert der Trester und wird braun. Wir haben uns für diese Variante entschieden, weil sie für uns die ehrlichste Art ist, den Geschmack der Granny-Smith-Äpfel einzufangen. Wir redestillieren die Mischung dann also noch mal im Rotovap und füllen ihn anschließend in Glasflaschen ab. Wichtig ist, dass er in diesen Flaschen noch mal ruht; wir geben dem Destillat meist so zehn Tage. In der Zeit wird das Destillat noch mal runder und der Apfel kommt besser zur Geltung. Das Destillat ist damit also erst mal fertig. Der Wein wird, wenn er fertig ist, gefiltert und weiterverarbeitet. Nach der Filterung hat der Wein dann eine schöne bernsteinfarbene Färbung, etwa wie ein dunklerer Weißwein.
Aus einem Teil des Weins machen wir Wermut, den wir für andere Drinks benutzen. Einen anderen Teil belassen wir und schenken ihn pur aus, und der Teil, der in den Granny Smith kommt, wird mit Limettenkafirblättern und Zitronenzesten mazeriert. Dafür geben wir 8 g Zitronenabrieb und 6 Limettenblätter (ca. 2 g) pro Liter in den Wein, in dem es anschließend für 24 Stunden zieht. Anschließend wird dann noch einmal gefiltert und im Verhältnis von sieben Teilen Wein, drei Teilen Destillat und fünf Teilen Wasser vermengt.
Damit ist der Drink, was die Inhaltsstoffe angeht, erst mal fertig. Allerdings wird er karbonisiert serviert. Das bedeutet für uns, dass wir stets vier Ein-Liter-Flaschen des Granny Smith vor der Schicht karbonisieren und diese dann über den Lauf des Abends immer wieder rekarbonisieren. Serviert wird der Drink in einem Longdrinkglas mit Eisstick (hier im Foto haben wir auf Eiswürfel fotografert, Anm. d. Red.). Und auf den Eisstick oben als Garnish kommt ein Jelly, das wir aus den Resten der Granny-Smith-Äpfel machen. Dafür kochen wir die Reste ein und dicken sie entweder mit Agar-Agar oder etwas Gelierzucker ein.
Ich denke, der Drink spricht sehr gut für das Konzept unserer Bar. Fermentation ist ein grundlegendes Element unserer Arbeit, und die meisten unserer Zutaten produzieren wir selbst. Wenn ich ihn mit einem klassischen Drink vergleichen würde, wäre es wohl am ehesten ein Fizz. Der Drink ist prickelnd, erfrischend und leicht. Leicht auch im Sinne des Alkoholgehalts, da er sich durchaus im Bereich Low-ABV ansiedeln lässt. Zu den obligatorischen Apfelnoten gesellt sich dabei diese ätherische Note von den Zesten und die Öle der Kafirblätter, die dem Ganzen noch mal ein blumiges Volumen geben. Das Ganze angefeuert von einer knackigen Säure, die wir aus den Äpfeln bekommen. Der Drink kommt dabei auch komplett ohne externe Süße aus. Er ist mittlerweile eine unserer ältesten Kreationen und erfreut sich nach wie vor ungebrochener Beliebtheit. Ich denke, es ist auch einer der Drinks, der geholfen hat, unser Konzept bekannt zu machen. Was sicher auch daran liegt, dass wir ihn immer im Gepäck haben, wenn wir zu Gastschichten aufbrechen. Ich würde also sagen, es ist sowohl ein gutes Beispiel für unsere Art zu arbeiten – als auch einfach ein echter People’s Champ.
Konzipiert und aufgezeichnet von Leon Disser.