T & G steht für „Terroir und Grünzeug“. Ursprünglich war das unser Arbeitstitel, aber im Endeffekt haben wir ihn dann beibehalten, da er sehr gut beschreibt, was den Drink ausmacht.
Es handelt sich vom Gedanken her um einen Waldspaziergang im Glas. Bei der Entwicklung neuer Drinks arbeite ich immer sehr konzeptionell; das heißt ich überlege mir einen Geschmack, ein Erlebnis, das ich erzeugen will, und finde dann heraus, wie ich es am besten umsetze. Da ich aus dem Designbereich komme, greife ich hierbei oft auf verschiedene Techniken zurück. In diesem Fall habe ich ein Moodboard erstellt und mich gefragt, was ich mit einem Waldspaziergang verbinde. Dabei kamen Begriffe wie „Holz, Laub, Pilze, Gras, Bach“ heraus.
Wie es der Zufall wollte, hatte ich zuvor auf einer Messe einen Rum kennengelernt, der sich perfekt als Basis für diese Geschmäcker eignet: den Lake Antoine von Renegade Rum. Renegade arbeitet stark mit Terroir, produziert also verschiedene Brände, die streng nach Anbaugebiet getrennt sind – im Prinzip Methoden aus dem Weinanbau. Der Rum, den wir verwenden, hat grasige Noten, aber auch ein starkes Aroma nach Trüffel, bei dem ich sofort dachte, dass es zu dieser Idee von Wald passt, die ich entwickeln wollte. Somit ist dieser spezielle Rum die aromatische Basis des T & G, um den sich die anderen Zutaten herum orientieren.
Der grüne Crowdpleaser
Da ist zum einen Palo Santo Vodka für die holzigen Noten. Den stellen wir selbst her, indem wir ein angeflammtes Stück Palo Santo in 700 ml Vodka geben und vakuumiert bei 60 Grad für eine Stunde ziehen lassen. Danach wird der leicht holzgelbe Vodka durch einen Kaffeefilter abgeseiht. Auch den Cordial produzieren wir auf Brennnesselbasis selbst, er ist für die grasig-grünen Noten verantwortlich. Dafür übergießen wir 4 g getrocknete Brennnesselblätter mit ca. 600 ml kochendem Wasser und lassen das Ganze gute zehn Minuten ziehen. Danach wird der Auszug ebenfalls durch einen Kaffeefilter abgeseiht. Davon messen wir dann exakt 500 ml ab, die wir, noch heiß, mit 300 g Zucker, 10 g Apfelsäure und 10 g Zitronensäure vermengen. Dann heißt es noch rühren, bis sich alles aufgelöst hat, und abkühlen lassen. Das Ergebnis ist ein eher dünnflüssiger Cordial mit einer angenehmen Säure. Dazu kommt ein kleiner Schuss Chartreuse Jaune und ein winziger Hauch Islay Whisky. Die Chartreuse bringt noch einmal eine breite Palette von Kräutern, während der Whisky diesen kleinen, spitzen Rauch beisteuert.
Das alles wird als Prebatch vermengt, der Drink wird in der Bar im Longdrinkglas auf Eis gebaut, mit Soda getoppt und am Schluss mit zwei Sprühstößen Herbstlaub-Destillat garniert. Letzteres bekommen wir von der Deutschen Spirituosen Manufaktur, es riecht wirklich wie das Laub im Herbstwald.
Ich war mir am Anfang nicht sicher, wie gut der Drink ankommen würde, da er schon sehr spezifisch ist. Aber bis heute ist noch kein einziger zurückgegangen – ganz im Gegenteil: Es ist ein Verkaufsschlager, sodass die knapp drei Liter, die wir meistens prebatchen, gerne mal nach einem guten Wochenende leer sind. Ich denke, da kommt sicher auch zum Tragen, dass wir als Team selbst den Drink so gern mögen, dadurch empfehlen wird ihn sicher auch öfter mal. Aber uns kommt zugute, dass wir ein sehr experimentierfreudiges Publikum haben, und der Drink ist auf vielen Ebenen eine neue Erfahrung. Durch die zwei Stöße Herbstlaub beginnt das schon beim Geruch, der auch die ersten Sips prägt. Danach kommen die Trüffelnoten des Rums und die holzige Note des Palo Santo, die sich in dem Drink jedoch den anderen Geschmäckern unterordnen, was ja bei Palo Santo nicht immer der Fall ist.
Aber im T & G bleibt das wunderbar im Hintergrund, während die grasigen und kräuterigen Noten alles abrunden und diesen „grünen“ Eindruck des Drinks verstärken. Der einzige Geschmack, mit dem ein paar Gästen nichts anfangen konnten, ist der Rauch des Islay-Whiskys. Aber alles in allem ist der T & G trotz des spezifischen Profils ein echter Crowdpleaser geworden, den wir jetzt schon seit einem Jahr in unserer Karte führen.
Aufgezeichnet und verfasst von Leon Disser.