Soda Siphon 7 Fakten

Soda Siphons: Sieben spritzige Fakten



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ur wenige Utensilien der Bar machen optisch so viel her wie der klassische Soda-Siphon. Aber lohnt sich die Arbeit mit der Druckflasche noch immer, wo es doch Soda in Flaschen in konstanter Qualität gibt?

Ein Plädoyer für den Siphon

Es gab eine Zeit, in der ein “Seltzer-Battle“ in einigen Gegenden der Welt zu den prägenden Kindheitserinnerungen zählte. Im Detail hieß das: jedes Kind war mit einem Soda-Siphon bewaffnet und setzte den aus dieser Flasche kommenden Wasserstrahl wie eine Waffe ein, mit der man sich gegenseitig beschoss. Das liegt nun freilich lange zurück und erinnert eher an das Brooklyn der 1930er Jahre. So wie auch die Tatsache, dass früher Fizzes oder Collins‘ mit frischem Wasser aus dem Siphon aufgefüllt wurden. Wasserschlachten am Gehsteig werden in dieser Form vermutlich nicht wiederkommen, mit Soda aus dem Siphon hochgezogene Getränke sind jedoch auch heute wieder in vielen Bars anzutreffen. Daher: Vorhang auf für eines der ältesten Bar-Utensilien der Welt!

1) Wer hat den Soda Siphon erfunden?

Um ganz vorne zu beginnen: Die Konservierung von Trinkwasser war Ende des 18. Jahrhunderts ein bedeutendes Thema. 1772 entwickelte Joseph Priestley – ein Jahr vor Thomas Henry – eine Methode, Wasser künstlich mit Kohlensäure zu versetzen. Charles Plinth, ebenfalls Brite, entwickelte ein Gerät, das Wasser ausgeben konnte, während es einen für damalige Verhältnisse hohen Grad seiner Sättigung mit Kohlensäure beibehielt. Sein “Regency Portable Fountain” geht vermutlich auf das Jahr 1825 zurück. 1829 erfanden zwei Pariser, Deleuze und Dutillet, den sogenannten “Siphon Champenois“, bei dem eine Art hohler Schraubenzieher in den Kork der Flasche eingeführt wurde. 1832 schließlich erfand der Brite John Mathews einen günstige und effiziente Methode für den Endverbraucher. In einer Kammer wurden Schwefelsäure und Kalziumkarbonat gemischt, um Kohlendioxid zu erzeugen. Das gewonnene Gas wurde gereinigt und an einen Tank angeschlossen, der mindestens eine halbe Stunde bewegt wurde, damit sich das Gas verteilte, bevor es dann an ein Ausgabeventil angeschlossen wurde. Die moderne Siphon-Flasche geht schließlich auf den Franzosen Antoine Perpigna zurück. Seine “Vase Syphoide“ mit ihrem charakteristischen Äußeren, wie wir es im Grunde bis heute kennen, wurde 1837 patentiert.

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2) Wie funktioniert ein Soda Siphon?

Auf der Flasche befindet sich ein aufdrehbares Ventil. Dieser Siphonkopf besteht aus einem Kapselhalter, einem Dichtungsbolzen und einem Hebel, mit dem die Flüssigkeit ausgelassen wird. Ein dünnes Steigrohr führt zum Grund der Flasche. Die Flasche wird mit einer Flüssigkeit befüllt. Das muss nicht ausschließlich Wasser sein, aber wir bleiben der Einfachheit halber in diesem Fall dabei. Der Inhalt – ob Leitungswasser, destilliertes Wasser oder stilles Mineralwasser – sollte kalt sein und maximal 70 Prozent des Fassungsvolumens der Flasche ausmachen. Der Rest bleibt frei, damit der Druck im Behälter nicht zu groß wird. Grundsätzlich gilt: Je kälter das Wasser, desto mehr CO2 kann es aufnehmen. Die CO2-Patronen werden in den Kapselhalter geschraubt, bis das Kohlenstoffdioxid durch das Steigrohr in die Flasche entweicht. Dieser Vorgang sorgt für den Sprudel. Danach schüttelt man den Siphon kräftig durch und entfernt die Kapsel. Den optimalen Verbund erhält man, wenn man den Behälter danach ein paar Stunden kalt stellt. Auf diese Weise verbinden sich Kohlensäure und Flüssigkeit am besten. Was heute einfach klingt, war freilich nicht immer so. Die Pioniertage des Soda-Siphons waren nicht die sichersten Zeiten. Die größte Gefahr ging davon aus, wenn das Ventil dem Druck nicht standhielt und explodierte.

3) Was ist der Unterschied zu herkömmlichem Soda-Wasser aus der Flasche?

Der große Unterschied zu Sodawasser aus der Flasche besteht in der Frische und der Haltbarkeit. Die Feinperligkeit der Kohlensäure aus einem Siphon ist ebenfalls höher. Der Siphon steht unter Druck und sein Inhalt behält die Spritzigkeit bei, während eine oft geöffnete und verschlossene Flasche diese rascher verliert. Zum Vergleich: Der Druck in einem Siphon liegt bei etwa bei fünf Bar, was in etwa zwischen einem Autoreifen und einem Fahrradreifen angesiedelt ist. Dadurch kann man mit einem Siphon auch nach dem ersten Gebrauch über Tage hinweg sprudelnd frisches Sodawasser genießen. Vereinfacht gesagt: Den Siphon verwendet man wie eine Flasche, ohne sie zu öffnen. Soda-Siphons funktionieren jedoch anders als Sahne-Siphons. Letztere haben eine ähnliche Funktion, sind jedoch in der Konstruktion unterschiedlich. Sie basieren auf Distickstoffmonoxid, dessen gute Fettlöslichkeit unter Druck als Treibgas zum Aufschäumen benutzt wird.

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4) Noch einmal zur Geschichte: vom Aufstieg und Fall einer Ikone

In Zeiten, in denen kohlensäurehaltiges Wasser nicht an jeder Ecke im Supermarkt zu kaufen war, war die Lieferung und Hauszustellung von Soda-Siphons die einzige Möglichkeit für eine breite Bevölkerungsschicht, an frisches Sodawasser zu gelangen. Siphons waren wiederbefüllbar und wurden wieder abgeholt. Diese Industrie war in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg selbstverständlich. Heute findet man jene Tradition vor allem noch in Argentinien und dem österreichischen Burgenland, wo sich kleine Hersteller im Kampf gegen Goliath und das Vergessenwerden stemmen. Bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts waren wiederbefüllbare Kartuschen mit Pfand üblich, mittlerweile gibt es nur noch Einwegkartuschen. Die meisten Flaschen zwischen 1930 und 1940 wurden in der ehemaligen Tschechoslowakei hergestellt. Das Glas wurde von Mund geblasen und andernorts mit den charakteristischen Metall- und Chromapplikationen versehen, wie beispielsweise in Manhatten von einer der bekanntesten Marken, Sparklets New York. Nach dem 2. Weltkrieg waren viele europäische Herstellungsstätten zerstört, Getränke in Flaschen wurden populärer. In den USA verloren Soda-Siphons rascher an Popularität als in Europa, wo eine Druckflasche nach wie vor zu einem modernen Haushalt gehörte. Jedoch wurden Glassiphons ab den 1950er Jahren zunehmend von aluminiumbeschichteten Gehäusen abgelöst.

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5) Ist der Soda-Siphon mit der Barkultur verwandt?

Und ob! Cocktails wie Fizzes oder Collins gehören auf jede Arche Noah der Cocktail-Sintflut, und da der Siphon — wenn schon nicht die einzige Möglichkeit — zumindest die erfrischendste Methode war, kohlensäurehaltiges Wasser in den Drink zu bekommen, war diese Verbindung sozusagen hausgemacht. In Zeiten allgemeiner, schwindender Popularität waren es gerade Bars, die sich um Soda-Siphons bemühten. Ein Americano mit Wasser aus dem Siphon oder auch ein damit getoppter Ramos Gin Fizz sorgen für das gewisse zusätzliche Erfrischungserlebnis. In vielen Filmen, die in den 20er oder 30er Jahren spielen, gehören die eleganten Wasserspender zum selbstverständlichen Inventar in Bars. Auf vielen Abbildungen dieser Zeit sind Soda-Siphons zu sehen, zum Auffüllen von Highballs ebenso wie als Beigabe am Tisch der Gäste. Auch cineastisch fanden die Siphons durchaus Eingang in die Geschichte, wie man an diesem eigentümlichen Beispiel sehen kann. Für Hotels gab es eigens produzierte Flaschen, sogenannte Send-Ups, die man sich als Gast aufs Zimmer bringen lassen konnte. Eine kleine virtuelle Tour durch die Geschichte der Soda Siphons – sowie den Beweis ihres heute teilweise beträchtlichen Werts – tritt Richie Strell an, der „Seltzer Siphon King“.

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6) Ok, ich habe zu Hause einen Soda Stream, aber ihr habt mich überzeugt: Ich kaufe mir am nächsten Flohmarkt einen alten Soda Siphon und ein paar CO2-Kapseln!

Hold your horses, Cowboys and Cowgirls — nicht so schnell! Das ist vermutlich keine so gute Idee. Schon alleine aus Hygienegründen. Man hat es oft mit jahrzehntelangen Ablagerungen zu tun, von denen Kalk noch die harmloseste sein könnte. Alte Dichtungen des Siphonkopfes sind oft schimmelig oder verhärtet. Der Dichtungsbolzen, mit dem man das Ventil für den Auslass betätigt, muss in beide Richtungen dicht sein. Zusätzlich würden manche Typen eine Auffüllung durch eine spezialisierte Firma benötigen, von der sie produziert wurden. Mit herkömmlichen CO2-Kapseln kommt man da nicht weit. Wer aber unbedingt einen erstehen möchte, sollte darauf achten, dass das Glas keinen Sprung hat. Wenn der Hals oder die Flasche kaputt sind, ist der Siphon nicht mehr sicher zu verwenden. Modernere Siphons sind aus Aluminium oder Edelstahl. Wie man sich denken kann, gibt es auch auf dem Gebiet des Soda-Siphons Enthusiasten, deren Leben sich um die edlen, in Vergessenheit geratenen Kohlensäurespender dreht. An vorderster Stelle ist hier die Arbeit der Siphon Manufaktur aus München zu nennen, die sich auf die Restauration alter Soda Siphons aus den 1920er Jahren spezialisiert hat, aber auch den „Tokyo Soda Siphon“ im Programm hat, eine Stilikone aus Edelstahl, die in Japan in den 1970er Jahren entwickelt wurde und sich durch einen extrem hohen Druck auszeichnet. Wer auf Retro-Flair verzichtet, wird bei einem traditionellen Hersteller wie der Firma Isi fündig.

7) Alles in allem – übertriebene Nostalgie oder sinnvolle Nutzung?

Wenn man Kennern wie beispielsweise Klaus St. Rainer glaubt, der in seiner Goldenen Bar mit Siphons arbeitet, dann ist es auf jeden Fall eine Steigerung der Trinkqualität. Schon alleine die Handlung des „Auf-Fizzens” sieht für den Gast sehr eindrucksvoll und speziell aus. Das ist aber noch lange nicht alles. Es schmeckt – aus den bereits erwähnten Gründen – auch um einiges besser und gehaltvoller. Stilistisch kann mit einem Retro-Soda-Siphon im schimmernden Chrom-Korsett am Tresen ohnehin nur schwerlich mithalten. Zwar kann die Anschaffung eines solchen edlen Vintage-Spenders kostenintensiv sein, aber die verwendete Technik ist mechanisch und im Grunde sehr einfach. Daher fallen wegen Wartung und Reparaturen auch nach mehreren Jahren nur überschaubare Kosten an. Die CO2-Kapseln sind recycelbar. Der Versuch lohnt sich allemal.

Dieser Artikel wurde erstmals 2016 veröffentlicht und wird seither regelmäßig aktualisiert.

 


 

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