Fünf Fakten zum Fat Washing

Spirituosen einfach mit Aromen versetzen: Fat Washing in fünf Schritten



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ie Versetzung von Spirituosen mit fetthaltigen Aromaten, das Fat Washing, ist mittlerweile bekannt. Es ist unter Berücksichtigungen bestimmter Aspekte auch kinderleicht. Daher gibt es hier einen Crash-Kurs in ölige, buttrige, speckige oder nussige Gefilde.

Ehrlich gestanden, wird der Otto-Normalverbraucher und -genießer wohl selten eine glühende Leidenschaft für derlei fetttriefende Kreszenzen entwickeln, deren Oberflächen von kleinen Gucklöchern übersät sind, möge das Antlitz auch noch so verführerisch sein. Dass aber Fett einer der wichtigsten Geschmacksträger ist, darf man dabei nicht außer Acht lassen. Unser „skinny & light“-Wahn der letzten Dekaden hat rigoros jeglichem „Knusperschwartl“ oder leisem Anflug von Extrakalorien den Kampf angesagt. Auf der Strecke bleiben muss der Geschmack und ein mit der Zunge schnalzendes „Who cares?“.

Auch im Drink kommt man zwangsläufig nicht um das Thema herum. Stellen sich bei fettigen Seelandschaften auf einem eiskalt gerührten Cocktail zwar schneller die Nackenhaare auf, als wenn die Brühe glühend heiß und reichhaltig daherkommt, so haben Öl und Butter immer zu Bar und Spirituosen gehört. Fat Washing ist mittlerweile weitläufig verbreiteter Usus der Bar-Zunft, ein äußerst probates Mittel zur Aromatisierung einer Spirituose. Und wie Dave Arnold, Cocktailguru und Technikfuchs allererster Güte, so treffend von sich gibt: „Fat Washing ist einfach, jeder kann das.“

Um einen sicheren Pfad hin zu „greasy goodness“ an die Hand zu bieten und große Schritte ins Fettnäpfchen zu vermeiden, haben wir fünf kompakte Fakten zum Thema Fat Washing zusammengetragen.

1. Erwärmen und Verflüssigen

Das simple Prinzip des Fat Washing basiert auf der divergierenden Löslichkeit unterschiedlichster Aromaten: manche Geschmackskomponenten sind wasser- oder alkohol-, andere wiederum fettlöslich. Bringt man Fett nach Wahl – sei es Butter, ausgelassener Speck, Lardo, Olivenöl oder was immer die Speisekammer hergibt – in Kombination mit einer Spirituose, so erhält man eine delikate Infusion von einzigartigem Resultat.

Ein erster wichtiger Schritt dabei ist die Verflüssigung eben jener Lebensmittel-„Obszönität“, die als gewünschte Aromanote auserkoren wurde. Meist ist Wärmezufuhr vonnöten, um das Corpus Delicti von seinem festen in einen flüssigen Aggregatzustand überzuführen. Ob Speck anbraten, Butter aufschäumen, Nüsse rösten – es entwickeln sich herrliche Düfte bereits bei der Vorbereitung. Während dieser Phase kann man auch noch zusätzlich geschmackliche Nuance mit einbeziehen. Bräunt man die geschmolzene Butter weiter, gibt man beispielsweise Kräuter oder gar Walnüsse zu. Oder man rundet mit einer Vanilleschote die Mischung ab.

2. Zusammenbringen

Hat man erst die gewünschte Konsistenz der fettigen Komponente erreicht, gilt es, die Basisspirituose unterzumischen. Dabei ist tunlichst zu empfehlen, das Fett abkühlen zu lassen, um spektakuläre Spritzunfälle, Verbrennungen oder schlachtfeldartig anmutende Arbeitsplätze zu vermeiden.

Regelmäßiges Schütteln oder Umrühren, schlicht ein wiederholtes re-emulgieren der zwei Bestandteile, vergrößert die interagierenden Oberflächen und bietet kräftigere Ergebnisse. Denn bereits nach wenigen Minuten kann man beobachten, wie sich beispielsweise die flüssige Butter und der darunter liegende Alkohol separieren – ein Effekt, welcher später noch von fundamentaler Bedeutung sein wird. Je nach aromatischer Intensität des Fetts sollte man ein adäquates Verhältnis suchen, persönliche Studien haben im Bereich 5:1 etwa bei rauchigem Speck, respektive 4:1 bei dezenteren Zutaten vortrefflich funktioniert.

3. Extrahieren der Aromen – das Fat Washing

Auch die Einwirkdauer samt wiederholtem Aufschütteln sollte nach der gewünschten Durchschlagskraft der finalen Spirituose bemessen werden – dies kann von etwa einer Stunde bis zu einem Tag reichen.

Wiederum gibt man der Mischung etwas Zeit und beobachtet, wie die Fett-Komponente sich absetzt, anschließend transferiert man das ganze Behältnis in den Tiefkühler. Während die alkoholische Flüssigkeit nicht in einen fest gefrorenen Zustand übergehen kann, bildet die Fettschicht recht bald einen kompakten, durchgehärteten Pfropfen.

Stichwort Gefäß: eine große Öffnung, wie man sie etwa bei einem Einmach- oder Bügelglas vorfindet, ist hilfreich und erleichtert den gesamten Prozess.

4. Trennung der Bestandteile

Wieder aus dem eisigen Gefängnis befreit, bricht man das solide Fett vorsichtig auf, sodass sich die aromatische, darunter liegende Flüssigkeit leicht abseihen lässt. Die überwältigende Mehrheit der Fettpartikel ist von der Spirituose separiert und mit eingefroren, allerdings hat die alkoholische Basis Aroma, Geschmack und zu einem gewissen Grad auch Textur des Fettes mitangenommen. Wer möchte, kann bereits zusätzlich ein mittelfeines Sieb verwenden.

5. Filtration

Als abschließender Schritt empfiehlt sich immer eine finale Filtration mittels Passiertuch oder Kaffeefilter, um feine, freischwimmende Partikel zu entfernen und eine nahezu klare Flüssigkeit zu erhalten.

Ob kinoartige, popcornige Butter-Reminiszenzen oder deftig-rauchiger Bacon-Bourbon: Fat Washing ist ebenso einfach wie vielseitig einzusetzen. Das einzigartige Mundgefühl sowie die Aromenpalette der infundierten Spirituose sind ein Erlebnis für sich, pur wie im Drink. In fünf Schritten, mit wenigen Handgriffen sowie haushaltsüblichem Equipment ist das derartige „Waschen“ quasi ein Kinderspiel. Vorsicht: speckig und mit einem zwinkernden Fettauge!

Dieser Beitrag erschien erstmals im November 2015 auf MIXOLOGY Online. Er wird seither regelmäßig aktualisiert, zuletzt im Juli 2024. 

 


 

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