Porträt von Thomas Schackmann und seiner Barock Bar

„Es gab wenig in meinem Leben, das ich so sehr schaffen wollte.“

Thomas Schackmann führt die Barock Bar in Regensburg und betreibt mit dem Two Drops einen Laden für Barkultur. Leise, aber bestimmt. Porträt eines Bar- Überzeugungstäters.

Altes Gemäuer mit neuen Ideen zu füllen, erweist sich bisweilen als schwierig, und Regensburg, das man aufgrund seiner manchmal in Schönheit erstarrten Selbstgefälligkeit immer auch ein bisschen hassen muss, bildet keine Ausnahme. Denn Regensburg verfügt über reichlich altes Gemäuer, vor allem deshalb, weil es nach seiner Blütezeit als freie Reichsstadt ein wenig in die Bedeutungslosigkeit abrutschte und im Zweiten Weltkrieg von Bombenangriffen weitgehend verschont blieb. Mit dem Aufkommen der Eisenbahn im 19. Jahrhundert wurde die Donau als Transportweg zunehmend unbedeutend, und die einst so reiche Stadt verarmte.

Manchmal scheint es, als habe diese Entwicklung den Regensburger nachhaltig misstrauisch gemacht gegenüber Neuerungen: nur keine Veränderungen. Sieht man ja, wie das damals mit der Eisenbahn gelaufen ist. Davon wissen auch die (nicht zahlreichen) Verfechter gehobener Cocktailkultur dieser Stadt ein Lied zu singen. Eine Bar hier zu führen, und das auch noch erfolgreich, das erfordert Resilienz. Thomas Schackmann von der Barock Bar ist resilient.

Eigenverantwortung und Eskalationskontrolle

Sein Weg hinter die Bar ist typisch: der Nebenjob während des Studiums, irgendwann die Freude an der Arbeit und dem selbst verdienten Geld, gefolgt von der weniger großen Freude der Mutter über den Satz: „Ich will aufhören zu studieren und Gastro machen.“ Einen elterlichen Rat hat er aber stets beherzigt: „Was immer du machst, das Einzige, was wichtig ist: mach’s hochwertig.“

Und so beginnt sein Weg in die Berufsgastronomie auch nicht niederschwellig, sondern mit einem Fünf-Sterne-Anspruch im Schloss Fleesensee bei Rostock. Sein Interesse am Spiel mit Aromen führte ihn auch in die Küche, aber dort vermisste der den Kontakt zum Gast. So sehr er außerdem die Qualitätsstandards in seinem Lehrumfeld schätzte, so sehr fehlten ihm auch die Möglichkeiten, sich zu entfalten: „Der Service folgt einer bestimmten Struktur, die Bar bot da mehr kreative Möglichkeiten. Das war schon eine große Motivation.“ In Erinnerung ist ihm da auch die Aussage seines damaligen F&B-Managers geblieben: „Gäste gehen in eine Bar ohne einen konkreten Plan, sondern sie wollen etwas erleben.“

Mit dem Ehrgeiz arbeiten

Den Gästen dieses Erleben nicht nur zu bieten, sondern auch zu beeinflussen, das hat für ihn einen besonderen Reiz geboten, gerade im Kontext mit der Verantwortung um das Geschäft mit dem Alkohol: „Wir sind diejenigen, die den Exzess kontrollieren.“ Es ist dieses Spannungsfeld aus Kreativität, Eigenverantwortung und Eskalationskontrolle, das auch hier den Antrieb für die tägliche Arbeit liefert, und so zieht es ihn nach einem Aufenthalt in Österreich – „Service genießt hier einen viel höheren Stellenwert, aber es wird auch mehr gefordert“ – und einem Kurs an der European Bartender School in London zurück in seine alte Heimat nach Regensburg, wo er 2017 als Barchef im Barock beginnt.

Laut seiner Lebensgefährtin habe Thomas schon damals gesagt, dass er die Bar einmal kaufen werde, und tatsächlich bietet sich dem Mann, der von sich selbst sagt, dass er sich schwer unterordnen könne, bereits ein Jahr später die Gelegenheit dazu. Und er greift zu, mit gerade einmal 25 Jahren. „Es gab wenig in meinem Leben, das ich so sehr schaffen wollte wie das.“

Eine starke Aussage eines Menschen, der zu seinem Ehrgeiz steht – und zu der Notwendigkeit harter Arbeit, wie sein Grundgedanke vor dem Schritt in die Selbständigkeit lautete: „Wenn ich jeden Tag aufstehe und 14 Stunden arbeite, dann wird’s schon gehen. Das hat auch gestimmt. Aber es war auch notwendig.“

Die Bögen bestimmen die Optik der eleganten Barock Bar

Bubbles und Blasen

Womit man wieder bei der Stadt wäre, die sich mit Neuerungen schwertut. Regensburg leidet nun beileibe nicht unter Armut, wohl aber vielfach an einem Kleinstadtsyndrom, das sich etwa dann äußert, wenn es weniger wichtig ist, was man trinkt, als vielmehr wo und von wem man dabei gesehen wird.  Die Stadt sei zwar kulinarisch sehr gut aufgestellt, sagt Thomas Schackmann, es mangle aber nach wie vor etwas an der Anerkennung hochwertiger Barkultur. „Es gibt eine kleine Bubble, die das schätzt, was wir machen, aber eine große Blase, denen das Ambiente wichtiger ist als Produkt, die gewissermaßen einen Folgeort der Selbstdarstellung suchen.“

Trotzdem oder gerade deshalb ist es Thomas Schackmann wichtig, zu seinem Konzept zu stehen, und auch bei seinem hohen Anspruch immer nahbar zu bleiben. Nahbarkeit pflegt er auch im Umgang mit seinen Mitarbeitern, fördert sie und lässt sie glänzen; beinahe sträflich unökonomisch war seine Zurückhaltung, mit dem Barock-Gewächs Oliver Schmidt ein bisschen Werbung für seine Bar zu machen, nachdem dieser vor einigen Jahren die deutsche Diageo World Class gewonnen hatte.

Auch sein neues Projekt namens Two Drops, ein Geschäft für Barzubehör und -literatur, lässt sich kaum mit dem Drang nach schnellem Reichtum erklären; eher kann man darin ein gewisses Sendungsbewusstsein erkennen: „Ich will dem Konsumenten die Möglichkeit zu geben, die Dinge auch für sich daheim auszuprobieren.“ Schließlich fördert auch beim Laien die Erkenntnis, das Bewusstsein für das Können der Profis hinter dem Tresen. Er will „diese Barkultur nach Hause bringen.“

Der Corona-Einschnitt

Wie für viele war auch für ihn Corona ein tiefgreifender Einschnitt, und besonders der „Entzug der Selbstbestimmtheit“, die ihm immer so wichtig war, wirkt immer noch spürbar nach. Gerade jetzt, wo die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf 7% als Sieg für die Gastronomie gefeiert wird, merkt er, wie viele andere Barbetreiber auch, dass mit Gastronomie in Deutschland offensichtlich immer noch nicht er und seine Kolleginnen und Kollegen gemeint sind.

„Wird das überhaupt gesehen, was ich hier mache?“ fragt er sich, und man wünscht sich, ihm eine schöne Antwort auf diese Frage geben zu können. Immer wieder muss er erleben, am ganz unteren Ende der Lobby-Nahrungskette zu stehen, auch gerade wieder beim Thema Mindestlohn: „Wir müssen leben davon. Man muss sich aber anschauen, was noch zahlbar ist in der deutschen Gastronomie, besonders dahingehend, Jobs für Fachpersonal zu schaffen, die noch irgendwie interessant sind, wenn jeder Ungelernte schon vom Verdienst her nahe an ihn heranrückt.“

Ans Aufgeben aber dachte er nie: „Ich bin ein ehrgeiziger Mensch, und das Wichtigste war, das alles hinzubekommen und den Menschen eine gute Zeit zu bereiten.“ Gerade auch nach den Erfahrungen in der Pandemie: „Ich bin nach wie vor jeden Tag froh, dass wir Gäste haben dürfen.“


 


 

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