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Tonic Water: Sieben Fakten rund um den Durstlöscher



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onic Water hat im Zug der Gin-Renaissance ein erstaunliches Comeback hingelegt. Der einst nur in Plastik-Literflaschen zu habende Supermarktartikel ist heute zum Premium-Mixer in der kleinen Glasflasche mutiert. Was aber ist Tonic Water eigentlich? Wir liefern sieben Fakten rund um den bitteren Durstlöscher.

 

Schon Oasis sangen ‘I’m feeling supersonic, give me a Gin and Tonic‘. Gin erlebte in den letzten Jahren bekanntermaßen eine ähnliche Renaissance wie John Travolta nach Pulp Fiction. In diesem Fahrwasser kam und kommt auch nach wie vor der Tanzpartner im Glas, das Tonic Water, zu neuen Ehren. Immer mehr Marken kommen hinzu, immer mehr Klassiker werden ausgegraben, immer mehr Geschmacksrichtungen buhlen um die Gunst der Gäste wie Bartender.

 

Was aber ist eigentlich Tonic Water? Wo kommt es her und was zeichnet es aus? Wir haben sieben Fakten zum vermutlich beliebtesten Filler in der Bar zusammengetragen.

1) Woraus besteht Tonic Water?

Vereinfacht gesagt, ist das klassische Tonic Water ein mit Chinin versetztes, kohlensäurehaltiges Wasser. Wahlweise wird Zucker beigemengt, nach Geschmacksrichtung Fruchtsäuren. Je höher der Gehalt des Chinins, desto bitterer ist der Geschmack. Chinin wird aus der Rinde des Cinchonabaumes gewonnen, auch Chinarinden- oder Fieberbaum genannt. Dieser stammt trotz seines Namens nicht aus Asien, sondern aus Südamerika.

Chinin-Aroma in großem Maße kann nicht künstlich hergestellt werden. Das in Deutschland verschreibungspflichtige Chinin hat in Tonic Water die Funktion eines Geschmacksgebers. Die in Lebensmitteln erlaubte Konzentration ist zu gering, um medizinische Wirkung zu haben. Trotzdem muss Tonic Water mit dem Zusatz „Aroma“ ausgewiesen werden. Tonic’ heißt übersetzt aus dem Englischen ‘kräftigend, stärkend’, das griechische ‘tonikos’ bedeutet ‘Spannkraft gebend’.

2) Warum gerade Chinin und wie wurde es entdeckt?

Das heute in Apotheken erhältliche Chinin blickt auf eine lange, mythenumrankte und teilweise verrückte Geschichte zurück. Die indigenen Völker Südamerikas wussten schon lange um die Heilkraft der Rinde, erst die europäischen Eroberer machten daraus Medizin gegen Malaria.

Ein spanischer Soldat soll bei einem Malariaanfall in einen Tümpel gestürzt sein, der von Chinarindenbäumen gesäumt war, und sei darauf hin wieder gesund erwacht. Hartnäckig hält sich die Legende, dass die Gräfin von Chinchón im Jahr 1638 von einer Häuptlingstochter gerettet worden sein soll. Historisch zu belegen ist davon nichts, dennoch wurde der Baum vermutlich nach ihr benannt. Fakt ist die Wirkung von Chinin als einzig wirkvolles Mittel gegen Malaria bis Mitte des letzten Jahrhunderts.

3) Wer war letztlich der Erfinder des Tonic Water?

Es ist bis heute nicht genau geklärt, wer als Erstes Chinin extrahiert hat, aber vermutlich ließ sich durch das Rezept der beiden französischen Apotheker Pierre Joseph Pelletier und Joseph Bienaimé Caventou aus dem Jahr 1820 fast reines Chinin gewinnen.

Im Jahr 1858  ließ sich Londoner Erasmus Bond erstmals ein Tonic Water patentieren. Das Unternehmen des deutschen Johann Jacob Schweppe, seit 1831 Hoflieferant des britischen Königshauses, brachte sein mit Chinin und Limette versetztes Mineralwasser 1870 erstmals in größerem Stil auf den Markt. Schweppe selbst war jedoch bereits 1821 gestorben.

4) Gibt es eine Chinin-Obergrenze im Tonic Water?

In Deutschland wird die Beigabe von Chinin durch die deutsche Aromaverordnung geregelt, die die Beifügung von Chinin in allen anderen Getränken und in sämtlichen Lebensmitteln verbietet. Spirituosen dürfen maximal 300 mg/l enthalten, während die Höchstmenge bei Tonic Water (sowie Bitter Lemon) bei 85 mg/l liegt. Aber im Grunde regelt sich die Menge von selbst: Alles darüber hinaus ist aufgrund des Bitterkeitsfaktors ungenießbar.

5) Warum leuchtet Tonic Water bei UV-Einstrahlung blau?

Chinin ist unter 25 anderen Alkaloiden das wichtigste der Cinquonarinde. Das weiße Pulver ist zwar geruchlos, aber man kann ihm durchaus ein gesteigertes Sendungsbewusstsein unterstellen: Es fluoresziert noch bei Mengen im Verhältnis von 1:100.000. Der Geschmack lässt sich noch bei einem Verhältnis von 1:50.000 spüren.

6) Kann Chinin auch schädlich sein?

Die gegenwärtige Menge von Chinin im Tonic Water ist nahezu lächerlich im Vergleich zur Zeit, als das Getränk der Malaria vorbeugen sollte. Grundsätzlich ist der Konsum unbedenklich, trotzdem gibt es verschiedene Situation zu berücksichtigen. Menschen mit Tinnitus sollten höhere Dosen meiden.

Auch für schwangere Frauen empfiehlt sich der Verzicht, denn Chinin wirkt muskelstimulierend und wurde früher zum Auslösen der Geburtswehen eingesetzt. Noch bedenklicher ist der angenommene, süchtig machende Faktor von Chinin für das Ungeborene. Aber auch hier gilt: Auf die Menge kommt es an.

7) Kann ich Tonic Water selber machen?

Mit etwas Zeit und Geduld kein Problem. Wir verwenden die Anleitung der Niederländerin Tess Posthumus, die sich wiederum an Jeffrey Morgenthaler orientiert. Die Zutaten: 70 cl Wasser, 12 g Limettenzesten, 15 g frisches Zitronengras, 27 g frische Zitronenzesten, 18 g Zitronensäure, 9 g Enzianwurzeln, 1,6 g Chinonarinde (rot, geschnitten, kein Pulver). Alles aufkochen und auf 50 cl reduzieren. Abseihen und durch bis zu dreimal durch ein Kaffeesieb filtern.

Das so enstandende, aromatisierte Wasser mit 1 Kilo Zucker vermischen und verrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat, dabei aber nicht zum Kochen bringen. Diese Mischung in eine saubere Flasche abfüllen (und zwecks längerer Haltbarmachung eventuell mit einem Schuss Vodka versehen). Danach mit Sodawasser zu Tonic Water (Ratio 1:6 Tonic Sirup : Wasser) strecken.

Gibt es ein wirklich ein „ganz besonderes“ Tonic?

Natürlich. Es nennt sich Bolian Tonic Water und stammt ursprünglich vom Planeten Bolarus IX, ein Planet, dessen Einwohner für ihre bläuliche Hautfarbe und ihren selbstlosen Charakter bekannt sind. Der Effekt des Bolian Tonic Waters wird als überaus nervenberuhigend beschrieben. Man bekommt es in der Bar Quark’s auf der Raumstation Deep Space Nine.

Dieser Beitrag wurde 2016 erstmals publiziert und wird seitdem regelmäßig aktualisiert. 

 


 

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