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Truth & Dare mit Wiener Flair: Fünf neue Bars in Wien



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o rigoros der Corona-Lockdown über Österreich kam, so ungebrochen ist der Lebenswille der Bars nach seinem Ende. War für einige das Ablegen der Masken am 15. Juni ein zweiter Eröffnungstag, erweitern auch Sommer-Newcomer den Bar-Kosmos der Donaustadt.

In Zeiten wie diesen von neuen Bars zu schreiben, mag ungewöhnlich sein. In Wien vielleicht noch mehr. Denn sollte die Welt einmal untergehen, dann erreicht diese Nachricht die Donaustadt erst fünf Jahre später, lautet ein Ondit. In diesem Fall schlägt der Aperitivo aber jedes Aperçu aus dem Feld – und zwar mit der Macht des Faktischen. Denn nicht nur einige Bars, die rund um den Lockdown eröffneten und gleich wieder schließen mussten (wie die „Sechser“ im ehemaligen Clubbing-Keller des Palais Palffy), bereichern die Szene. Der Sommer bringt zusätzlich Eröffnungen – etwa das französische Bar-Bistro „Ma Belle“ – und somit trotz auf 1 Uhr limitierter Sperrstunde so etwas wie Optimismus in die Branche. Die kann jeden Stimmungsaufheller brauchen, weshalb wir gleich fünf neue Bars aus fünf Wiener Bezirken vor den Vorhang bitten.

5 Empfehlungen für neue Bars in Wien

Truth & Dare

Schönlaterngasse 4
1010 Wien

Di - Sa 18 - 1 Uhr

Während man in den höheren Lagen Wiens erst im Sommer eröffnete, war ein anderer Neuzugang mit Ende Februar 2020 im Nachhinein zur Unzeit dran. David Kranabitl und Dominik Möller, die Macher des „Truth and Dare“ in der Schönlaterngasse, sahen die wenigen Tage zwischen Opening und Lockdown dennoch als „Teaser“ für ihre Bar. Und die ist schön geworden und ermöglicht sowohl Cocktailprofis die Mix-Kontrolle via Sitz am Tresen, als auch Partymachern das Sitzen, Stehen, Hüpfen im kreisrunden Nebenraum, der mit Plüsch auch Wohlfühlfaktor bietet.

„Ein Erlebnis aus Drinks, Service, Musik, Stimmung und Atmosphäre“ ist der explizite Wunsch der beiden Barchefs, die schon im „Birdyard“ der Feng-Brüder gemeinsam arbeiteten. Im Zeichen von „Pflicht und Wahrheit“, wie das Lokal übersetzt hieße, belebt man eine ungewöhnliche Ecke des Ersten Bezirks, die dank Nachbarn wie dem „Lukas“ jahrezehntelang für studentische Eskapaden stand. Der andere Nachbar, das ehrwürdige Literaturhaus „Alte Schmiede“, spannt auch den Bogen zwischen Trinkspaß und flüssigem Bildungsauftrag. Wer einen Sazerac will, ist willkommen. Und auch das Eisschnitzen hat Dominik Möller an der neuen Wirk- und Trinkstätte keineswegs verlernt. Doch in der Bar mit dem Grundriss eines Lollys kann man auch anders. Studenten der Cocktailkunst dürfen sich hier jedenfalls über ein hervorragendes Betreuungsverhältnis freuen: Privatdozent Kranabitl und Prof. art. glacial. Möller führen gerne zum Diplom!

Während andere Bars ohne Garten im Sommer kapitulieren, hält man es hier mit einer anderen Strategie. Sommerliche Drinks wie der „Bling Bling“ mit Mohn, Himberee und Jameson Whiskey sollen in die neue Bar locken. Zudem gibt es mit dem „Mini der Woche“ auch immer ausgefuchste Kombis in der kleinen Coupette, von den der aus man sich weiterhanteln kann. Etwa zum Cocktail, der wie die Postleitzahl heißt und Slow Gin mit Rhabarber, Wermut und Roederer Brut-Champagner kombiniert.

Lvdwig Bar

Papagenogasse 6
1010 Österreich

Mo - Fr 11:30 - 14:30, Mi - Sa 18 - 1 Uhr

Szenenwechsel in den Sechsten Bezirk, auch wenn das vielen gar nicht bewusst ist, die diese Wiener Stadtecke nur als „Naschmarkt“ kennen. Musikliebhaber betreten die Lvdwig Bar in der Papagenogasse gleich doppelt gern: Beethoven lebte hier, weshalb die Hotel-Bar auch „Ludwig“ heißt, und die Gasse wiederum hat ihren Namen von der witzigen Vogelfänger-Figur aus der „Zauberflöte“. Und in einem Punkt hat der Arien-Sänger („Weiss mit dem Locken umzugeh‘n und mich aufs Pfeifen zu versteh‘n“) eine zeitgenössische Nachfolgerin: Barchefin Isabella Lombardo ist ebenfalls eine Natur-Charismatikerin.

Das weiß man nicht nur als Barjournalist, auch die Stammgäste fragen nach ihr, kaum dass sie am langen Gemeinschaftstisch aus Edelholz Platz genommen haben. Davor hat Lombardo ihre Bühne, sogar einen Vorhang gibt es für die fröhliche Mix-Kunst, er teilt die Prep-Kitchen mit goldenen Scheiben ab. Design liebt man, bis hinein in die Toiletten, die etwas von einem vertikal einzementierten Riva-Boot haben. Doch man kommt ja nicht zum Wasser lassen, sondern zum Getränke einnehmen. Der „Coronita“ hat es zu einem heiteren Logo – der gute alte Ludwig van mit Mund-Nasen-Schutz – gebracht und stimmt als Shot-Drink auf das knappe Dutzend der Signature Cocktails ein.

Immer wieder kommen exotische Gewürze (naheliegend bei der Markt-Nachbarschaft, aber seit jeher eine Leidenschaft Lombardos) in der Lvdwig Bar zum Einsatz. Etwa Tamarinde im Rum-Drink „The Ludwig“. Selbst der „Islay Mule“ wird hier einen Tick würziger als überall anderswo gereicht. Witzig ist auch die Matcha-Limonade beim „G’mischten Salat“, den man hier mit Gin anmacht. Er fungiert quasi als Pausen-Verpflegung dieser kleinen, feinen Bühne, die das liefert, was der Schriftzug auf der Nachbar-Fassade verspricht: Theater an der Wien.

Tintenbar

Vordere Zollamtsstraße 3-1
1030 Wien

Di-Sa 16-23 Uhr

Einer, der nach Jahrzehnten hinterm fremden Tresen sein eigenes Ding zimmerte, ist auch die Wiener Cocktail-Legende Heinz Kaiser. Die „Dino’s Apothecary“ wurde zu Jahresbeginn fertig, hat aber keinen Gartenbereich. Weshalb post-coronal auf die andere Seite des Donaukanals gewechselt wurde.

Dort hat ein selten hässliches Denkmal offenbar jegliche weitere Bebauung abgeschreckt. Die Kantine, die einen Einzug von allein 6.000 Bürohengsten und -stuten ihr Eigen nennt („Wenn endlich alle aus dem Home Office zurück sind“), betreibt Hannah Neunteufel. Und mit ihrer Küche wird sommers die Tintenbar bespielt. Ein Jeton-System bringt eine Flatrate (10,50 Euro) bei den Drinks mit. Prächtig ist das Barfood, das ebenso wie die Cocktails leicht südamerikanische Schlagseite hat. Wenn nicht Freitag oder Samstag am Kalender steht. Dann gibt es Steckerlfisch. Und dazu z. B. eine Michelada vom Feinsten, befeuert von „Heinz’ Jungle Juice“.

Die Verbindung mit der Kantine bringt auch das „Hannahs Harvesting Home“-Symbol auf die Cocktail-Karte: Es steht für ausschließlich mit österreichischen Zutaten gekochte Gerichte. Oder eben Drinks; im Falle der „Kaiserin“ stammt selbst der Rum aus Wien. Und es wäre nicht Heinz Kaiser, wenn die Crew der Tintenbar nicht abseits des ohnehin reichhaltigen Menus noch Schmackhaftes in petto hätte. Den „Tomato Daiquiri“ beispielsweise, der im Sommer richtig erfreut. Oder den Whiskey Smash, für den man das Basilikum reduziert hat, dafür mit Früchten für Summer Vibes vorm Amtsgebäude sorgt. Kaiser-lich im wahrsten Sinne ist auch die Zigarrenauswahl. Kurz: In der Tintenbar wird die Antithese zum Bier im Pappbecher gelebt, wie sie ein paar Meter flussabwärts der sommerliche Regelfall ist!

Barfly’s Rooftop Bar

Museumsplatz 1
1070 Wien

Di - Sa 17 - 24 Uhr

Das zweite Sommer-Pop-up der Donaumetropole umweht ebenfalls mehr als ein Hauch von Wiener Bar-Royalty. Allerdings geschieht das in luftigen Höhen im Museumsquartier (MQ). Das „Barfly‘s“ wird gerade umgebaut, weshalb Melanie Castillo in der 30 Jahre währenden Geschichte der Bar erstmals ein Pop-up bei den Freunden des „Miami Rabbit“ einrichtete. Und mitunter stehen weniger Besucher bei Egger-Lienz, Klimt und Schiele nebenan im Leopold Museum an, als eine Treppe weiter. Schließlich wird hier auch die Zigarren-Kultur hochgehalten – und seit dem strengen Rauchbann indoor scheinen nicht wenige gerne zu Kubanischem nicht nur im Glas zu tendieren.

Dass man den „dark spirits“ auch im Sommerdomizil treu bleibt, freut die Stammgäste aber auch ohne Havanna in der Hand. Doch neben Rum-Drinks, gerne auch poppiger gehalten wie im „Blue Hawaii“, reicht Bar-Urgestein Andi Obermeier auch Spritz-Varianten. Selbst der Pisco Sour zeigt sein Strand-Outfit und kommt mit Espuma zum Gast. Dazwischen mengt sich natürlich auch der eine oder andere Gin & Tonic, etwa dann, wenn die Steinhorn-Brenner auf Besuch in der luftigen Höhe sind. Was gar nicht so oft möglich ist. Denn der verregnete Sommer in Wien lässt öfter, als den „Barfliegen“ liebt ist, das Schildchen „Due to bad weather, we are closed today“ aufpoppen.

Apropos geschlossen: Die wichtigste Frage zur Barfly’s Rooftop Bar beantwortet Castillo, noch ehe sie so ganz gestellt ist: „Wir hoffen, dass wir unsere Gäste im Herbst im neu interpretierten Club mit zeitgemäßem Komfort und gewohnt klassischen Touch begrüßen dürfen“, soll es noch 2020 in der Esterházygasse weitergehen. Bis September jedenfalls klimpern die Shaker aber noch im Miami Rabbit.

Delikatessen-Bar Salinas

Zahnradbahngasse 11
1190 Wien

Do - Fr 15 – 24 Uhr, Sa 11 – 24 Uhr, So 11 -18 Uhr

So sehen Nachbarschaftslokale in Vorabend-Serien aus: Fliesenboden mit Mäandern, blitzende Espresso-Maschine, frische Kräuter und auf schnieken Regalen stehen Gourmandisen zum Mitnehmen. Doch im „Café Salinas“ hat diese Ästhetik Methode. Daniela und Christian Ortmann sind Garten-Gestalter und betreiben den Concept-Store „O’Style“. So kann man lampenhaltende Affen und die einen förmlich einsaugenden Fauteuils von „Riviera Maison“ nicht nur in Augenschein nehmen, sondern auch erwerben. Ergänzt wird das Quartett der Döblinger Neo-Gastronomen um Bettina und Gerald Emmerling. Gemeinsam kredenzt man italienisches Bar-Food, das Auskennerin Michi Pop („Buongustaio“) kuratiert hat.

So erklärt sich, dass man Couture-Sommerkleid-Trägerinnen rohe Scheiben von der roten Zwiebel zum Gin & Tonic knabbern sieht. Ist ja immerhin die „cipolla di Tropea“, die hier für Würze sorgt. Schärft man den Blick, dann erkennt man schnell auch anderswo den Qualitätsanspruch im luftigen Ecklokal: Links rinnt Mamis Caffè aus Meran aus der La Cimbali Maschine, rechts fließt Prosecco aus dem Fass – die Locations dafür kann man selbst im italophilen Wien an einer Hand abzählen.

Für Details und Drinks der Aperitivo-Bar hat man sich mit Daniel Schober (ehedem u. a. „krypt“, „Clandestino“) einen Profi geholt, der auch beim Team gute Hand bewies. Wie etwa Bartender Philipp Richter die Limonade – „immer noch zu sauer“ – für einen Vierjährigen abstimmt als wäre es ein Vieux Carré, hat Klasse und ist spielerisch zugleich. Und es zeigt die Lässigkeit der jüngsten Wiener Bar; die Piemonts Baladin-Bier ebenso serviert wie jede Menge Longdrinks. Wobei hier die Italo-Klassik überwiegt, aber auch dem Gin & Tonic eine eigene Seite gewidmet ist.

Die sommerliche Eröffnungskarte soll noch erweitert werden, so Schober, der einstweilen im Ballonglas eine Mischung kredenzt wie einst in seinen Jugendjahren in Barcelona. Angst braucht auch bei den „spanischen“ Mischungen niemand schieben, die Wien durchmessende Tram-Linie „D“ fährt buchstäblich vor der Tür ab.

 


 

Angelo Martinelli ist ein weitgereister Bartender. Aber ihm war klar, dass er eines Tages eine Bar in seiner Heimat Heidelberg eröffnen möchte. Das hat er nun getan – und sie der Einfachheit halber nach sich selbst benannt.

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