Was ist Super Juice? Fünf Fakten zum neuen Supersaft in der Bar

Was ist Super Juice? Fünf Fakten zum neuen Supersaft in der Bar



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uerst kam frischer Saft. Dann kam das Arbeiten mit Säurepulver. Kommt nun Super Juice? Der neue Ansatz verbindet volles Aroma frischer Früchte mit den Vorteilen günstiger, effektiver Säuren. Fünf Fakten über eine Idee, die noch ziemlich groß werden kann.

(Dieser hier vorliegende Text ist ein Extrakt aus dem großen Dossier von Reinhard Pohorec aus unserer Print-Ausgabe 2-2023.)

Frisch gepresste Säfte waren ein wesentlicher Bestandteil der Cocktail-Renaissance der Nullerjahre – und sie sind es noch. Ergänzt wurden sie in letzten Jahren jedoch vom Arbeiten mit Säurekombinationen, die progressive Bars als Säuerungsmittel einsetzen. Der Vorteil von Letzteren: Kostenersparnis sowie aromatische Stabilität und somit Berechenbarkeit. Gerade im modernen Pre-Batching ein essenzieller Faktor. „Super Juice“ ist in gewisser Weise die Kombination dieser beiden Methoden. Was aber ist es genau, und wie wird es hergestellt? Wir haben fünf Fakten zum Thema. Rezepturen inklusive.

1) Was ist Super Juice?

Das Konzept von Super Juice mutet so simpel wie schlüssig an. Zunächst werden Zitruszesten mit verschiedenen Säurepulvern vermengt, um die ätherischen Öle der Schale zu extrahieren. Dieses „Oleo Citrate“ genannte Vorgehen greift die jahrhundertealte Grundidee eines Oleo Saccharum auf, woher auch der Name entlehnt ist. Zentraler Unterschied ist, dass das Endergebnis kein aromatisierter Zucker ist, sondern Säuregranulat mit dem Aroma der zugrunde liegenden Zitrusschale. Das Oleo Citrate wird inklusive Schalen anschließend mit Wasser geblendet bzw. püriert und fein abpassiert. Zuletzt werden die abgezesteten Früchte gepresst und ihr Saft obiger Basis beigemengt.

2) Wie kam es zu Super Juice und wer hat ihn erfunden?

Bereits 2014 behandelte Dave Arnold in seinem wegweisenden Buch Liquid Intelligence unterschiedliche Säuren und ajustierte Zitrussäfte. Ryan Chetiyawardana machte in seiner Konzeptbar White Lyan den „fake lime juice“ international bekannt. Trash Tiki, eine Online-Plattform (heute Trash Collective) des ehemaligen Bartender-Pärchens Kelsey Ramage und Iain Griffiths, verlieh dem Themenkomplex mit ihrem „citrus stock“ erstmalig einen Nachhaltigkeitsanspruch. Als Vater des Super Juice kann jedoch Nickle Morris gelten. Der Inhaber der Bar Expo in Louisville, Kentucky, gab den entscheidenden Impuls, die Zitrusschalen zu blenden. Ein Oleo Saccharum oder Oleo Citrate extrahiert zwar die wertvollen Öle der Schale, aber erst das Pulverisieren der Schalen verwandelt die Mischung in etwas, das dem frischen Saft ähnelt.

3) Was sind die Vorteile von Super Juice?

Der Nachhaltigkeitsgedanke ist zweifelsohne eines der zentralen Argumente für den Einsatz von Super Juice. Zitronensäure, die am meisten verwendete und gebräuchlichste Säure, wird aus fermentierten Schimmelpilzen gewonnen, was effizienter ist als die Herstellung von Zitrusfrüchten. Keven Kos, slowenischer Bartender und Gastgeber der Videoreihe Cocktail Time, hat sich ebenfalls schon eingehend mit Super Juice beschäftigt: „Nach meinen Berechnungen und Angaben liefert ein Kilo Zitronensäure mehr als 16 Liter Saft, während wir aus einem Kilo Zitronen höchstens 0,6 Liter Saft gewinnen können.“ Zusätzlich reduziert Super Juice die Kosten, den Abfall und den Arbeitsaufwand vor Ort, da weniger bestellt, weniger gelagert, weniger vorbereitet und weniger weggeworfen werden muss.

4) Wie ist die Herstellung von Super Juice und was ist zu beachten?

Eine hundertprozentige Definition gibt es nicht. Ein Online-Rechner auf der Homepage von Kevin Kos (kevinkos.com) listet Rezepte für Super Juice aus Zitrone, Limette, Orange, Kumquat und Grapefruit auf, wobei Letzterer durch die Beimengung einer Prise Mononatriumglutamat hervorsticht. Die Menge an Säurepulver misst Kos entsprechend der Gesamtmasse von Zitrusschalen im Verhältnis 1:1 ab. Dabei orientiert er sich an Dave Arnolds sechsprozentiger Säureformel. Für seine Interpretation des Limetten-Super Juice verwendet er das ebenfalls von Arnold propagierte 2:1 Verhältnis zwischen Zitronensäure und Apfelsäure. Die Zitronenvariante setzt er ausschließlich mit Zitronensäure an, ebenfalls analog zu der Masse an Zitronenschalen. Für die Herstellung aller Supersäfte sollte ausschließlich mit Bio-Früchten ohne Pestizide und/oder mit Wachs beschichtete Schalen zurückgegriffen werden. Ob der intensiven Auslaugung der Schalen ist die Wahl bester Rohmaterialien hier von besonderer Bedeutung.

5) Wie lauten konkrete Rezepturen von Super Juice?

Hier haben wir zwei Beispiele, beide adaptiert nach Kevin Kos und basierend auf Nickle Morris. Die Rezeptvorschläge basieren auf dem „Super Juice Calculator“, den Kevin Kos auf seiner Website anbietet.

Zitronen-Super-Juice

15 g Zitronenschale (ohne weiße Albedo-Bestandteile)

15 g Zitronensäure

249 g gefiltertes Wasser

Saft der geschälten Zitrone

Zitronenschale in einem verschließbaren Gefäß mit der Zitronensäure mischen, ca. 2 Stunden ziehen lassen und so ein „Oleo-Zitrat“ herstellen. Den gesamten Gefäßinhalt in ein hohes, ausreichend breites Gefäß (großer Messbecher, Glaszylinder etc.) umfüllen. Reste an kristalliner Säure mit einem Teil des gefilterten Wassers aus dem Gefäß spülen und mit dem restlichen Wasser zu den Zesten geben. Den Saft der geschälten Zitrone hinzupressen. Die gesamte Mischung mit einem Pürierstab oder im Blender gründlich zerkleinern. Durch ein feines Passiertuch in einen sauberen Behälter filtrieren und auf eine sterile Flasche füllen. Kühlen.

Orangen-Super-Juice

22 g Orangenschale (ohne weiße Albedo-Bestandteile)

19,8 g Zitronensäure

2,2 g Apfelsäure

366 g gefiltertes Wasser

Saft der geschälten Orange

Orangenschale in einem verschließbaren Gefäß mit den Säuren mischen, ca. 2 Stunden ziehen lassen und so ein „Oleo-Zitrat“ herstellen. Den gesamten Gefäßinhalt in ein hohes, ausreichend breites Gefäß (großer Messbecher, Glaszylinder etc.) umfüllen. Reste an kristalliner Säure mit einem Teil des gefilterten Wassers aus dem Gefäß spülen und mit dem restlichen Wasser zu den Zesten geben. Den Saft der geschälten Orange hinzupressen. Die gesamte Mischung mit einem Pürierstab oder im Blender gründlich zerkleinern. Durch ein feines Passiertuch in einen sauberen Behälter filtrieren und auf eine sterile Flasche füllen. Kühlen.

Die Rezepte sind ohne merklichen Qualitätsverlust rund eine Woche haltbar.

Säure – wie und wo kaufen?

Die häufig im Bar-Kontext und auch im hier genannten Super Juice-Beispiel verwendeten Säuren lassen sich einfach und kostengünstig in Drogerien oder im Online-Handel in Lebensmittelqualität kaufen. Bei Händlern wie z.B. Chemiekontor, Algin oder auch Manufactum werden Produkte wie Zitronensäure, Apfelsäure oder Weinsäure üblicherweise zu Kilopreisen von unter € 20 angeboten. Das macht diese Rohstoffe zu sehr günstigen und ergiebigen Zutaten.

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